Amrum
D 24, R: Fatih Akin, FSK: 12, 93 min
Kneipe mit kleinem Speisenangebot ab 18 Uhr
Amrum, Frühjahr 1945. Seehundjagd, Fischen bei Nacht, Schuften auf dem Acker – nichts ist dem 12-jährigen Nanning zu mühsam oder zu gefährlich, um in den letzten Kriegstagen zu helfen, die Familie zu ernähren, während für seine hochschwangere Mutter als überzeugte Nationalsozialistin eine Welt zusammenbricht und sein Vater, ein ranghoher Nazi, in Kriegsgefangenschaft landet … Als jedoch der langersehnte Frieden einkehrt, sieht Nanning sich mit bisher unbekannten, neuen Problemen konfrontiert, deckt nach und nach düstere Familiengeheimnisse auf und muss lernen, seinen eigenen Weg zu finden.
Ein eindringliches Kriegsdrama in zarten Bildern und ein einfühlsamer Blick in eine Kindheit zwischen Nordseewind, Schweigen und Schmerz. Regie führte Fatih Akin nach den Erinnerungen und dem Drehbuch seines Freundes und Mentors Hark Bohm (u.a. „Nordsee ist Mordsee“)
» Ein außergewöhnlicher Film, der sich auf die Kraft der Einfachheit stützt, um eine Geschichte zu erzählen, die alles andere als einfach ist; ein Film, der die Unschuld und Grausamkeit der Kindheit wunderbar zurückhaltend dem Untergang des Faschismus gegenüberstellt; wunderschön fotografiert, fein schattiert und manchmal fast unerträglich ergreifend « THE WRAP
Der Film läuft auch am Mi 07.01. | 19:30 Uhr im Kronenkino in Zittau.
Pressestimmen zum Film
Amrum (Knut Elstermann, radioeins)
In seinem neuen Film führt uns Fatih Akin auf die Nordsee-Insel Amrum während der letzten Tage des Krieges. Nach dem gleichnamigen autobiografischen Roman seines Mentors Hark Bohm, der auch am Drehbuch mitschrieb, erzählt er von dem 12-Jährigen Nanning (Jasper Billerbeck sehr überzeugend in seiner ersten Rolle), der mit seiner Mutter und den Geschwistern auf die Insel flieht, weil sie in Hamburg ausgebombt wurden. Während die Mutter (als grandiose Studie der ideologischen Verbohrtheit von Laura Tonke gespielt), eine überzeugte Faschistin in eine tiefe Depression versinkt und die Inselbewohner die Familie als Fremde beschimpfen, kämpft der kluge Junge um das Überleben.
Akin gestaltet diese schlichte und feinsinnige Geschichte vom moralischen Erwachen eines Kindes mit der Behutsamkeit und dem Einfühlungsvermögen, das er schon immer für Heranwachsende hatte (man denke nur an „Tschick“). Dabei verbindet er meisterhaft die Zeichen des zerstörerischen Krieges mit der Schönheit der rauen, ewigen Natur.
Berührender Coming of Age-Film (Julia Haungs, SWR)
In seinem Roman „Amrum“ erzählt der Autorenfilmer Hark Bohm von seiner Kindheit auf der Insel am Ende des 2. Weltkriegs. Regisseur Fatih Akin hat aus dem Roman seines Freundes einen berührenden Coming-of-Age-Film gemacht.
Honigbrot als Synonym für das Unerreichbare
Ein weißes Brot mit Butter und Honig – nach nichts sehnt sich die Mutter des 12-jährigen Nanning mehr im Frühjahr 1945. Und doch ist ihr Wunsch schier unerfüllbar, denn auf Amrum gibt es in diesen letzten Kriegstagen fast nichts mehr zu essen.
Nanning, der seine Mutter über alles liebt, lässt sich davon nicht entmutigen und arbeitet die nächsten 90 Minuten Filmhandlung einfallsreich an der Beschaffung der kostbaren Zutaten. Als er das Brot endlich servieren kann, ist die Welt um ihn herum eine andere: Hitler ist tot, der Krieg verloren und seine Mutter, die stolze Nationalsozialistin, versinkt in Depressionen.
Fatih Akin setzt Hark Bohms persönliche Geschichte groß in Szene
Es ist eine kleine persönliche Geschichte, die Hark Bohm in seinem Roman „Amrum“ erzählt, angelehnt an seine eigene Kindheit. Regisseur Fatih Akin setzt sie in der Kinoadaption maximal groß in Szene – die Beschaffung des Honigbrotes wird zur persönlichen Heldenreise des Zwölfjährigen, an deren Ende er ein ganzes Stück erwachsener geworden ist.
Neugierig folgt Akin seinem Protagonisten auf dessen Streifzügen durch die Natur. Die raue Schönheit Amrums fängt er dabei mit spektakulären Lichtstimmungen ein, die an Gemälde von Caspar David Friedrich erinnern. In die Kitschfalle tritt Akin dabei jedoch nie.
Die Idylle birgt stets auch Gefahr, zum Beispiel wenn die Flut schneller als erwartet das Watt überspült und Nanning fast ertrinkt. Akin entwirft ein authentisches Bild des Insellebens bis hin zum Öömrang, der Amrumer Variante des Friesischen. Im Kino wird sie zum Glück mit Untertiteln versehen.
Im Dorf bleibt Nanning (Jasper Billerbeck) ein Außenseiter. Als „Zugereister“ aus der Großstadt begegnet man ihm mit Misstrauen, in der Schule wird er verspottet. Nur sein Freund Hermann (Kiam Köpke) hält zu ihm. © 2025 bombero international GmbH & Co. KG / Rialto Film GmbH / Warner Bros. Entertainment GmbH / Gordon Timpen
Die geliebte Mutter ist glühende Nationalsozialistin
Das Drehbuch von Fatih Akin und Hark Bohm bleibt eng bei Nannings persönlicher Geschichte, verhandelt in dieser aber zugleich die großen deutschen Themen Krieg und Nationalsozialismus. Nannings Eltern sind aus tiefster Überzeugung regimetreu. Der Junge ist hin und hergerissen zwischen der Liebe zur Mutter und der Solidarität mit den Amrumer Dorfbewohnern, die nichts von Hitler halten.
Wie existentiell dieser Konflikt ist, zeigt eine Szene am Abendbrottisch. Nannings Frage, ob der Vater jetzt nach Hause komme, wo der Krieg doch wohl bald vorbei sei, führt dazu, dass seine Mutter eine Bäuerin wegen defätistischer Äußerungen denunziert.
Laura Tonke, Diane Kruger, Detlef Buck – prominente Besetzung bis in die Nebenrollen
Fatih Akin hat in seinen Filmen schon oft davon erzählt, was es bedeutet, nicht dazuzugehören. In diesem Fall ist es Nanning, der als Bombenflüchtling aus Hamburg in den Augen der Anderen sowieso kein vollwertiger Amrumer ist. Durch die Aktion der Mutter wird er erst recht zum Außenseiter auf der Insel.
Wie sich das für einen Zwölfjährigen anfühlt, spielt Hauptdarsteller Jasper Billerbeck großartig. Ihm zur Seite steht ein bis in die kleinsten Nebenrollen prominent besetztes Ensemble, unter anderem mit Laura Tonke als Nannings Mutter, Diane Kruger und Detlef Buck als Dorfbewohner. Matthias Schweighöfer erscheint gar nur für einen Zwei-Minuten-Auftritt als Traumerinnerung an einen in die USA emigrierten Onkel.
„Amrum“ ist ein berührender Film über das Aufwachsen in schwierigen Zeiten. Es ist Fatih Akins Liebeserklärung an den Norden und eine noch größere an seinen Mentor und Freund Hark Bohm.
Amrum (Cinema)
Ein zwölfjähriger Junge erlebt das Ende der Nazizeit auf einer Nordseeinsel. Fatih Akin („Tschick“) hat Hark Bohms Kindheitserinnerungen auf kongeniale Weise verfilmt
Der Krieg ist verloren, aber Nannings hochschwangere Mutter Hille (Laura Tonke), die mit ihren Kindern auf Amrum lebt, glaubt noch immer an den Endsieg. Doch längst nicht alle Insulaner sind überzeugte Nationalsozialisten. Nannings Tante Ena (Lisa Hagmeister), Opa Arjan (Lars Jessen) und die Bäuerin Tessa (Diane Krüger) verachten die Nazis.
Während sein Vater im Krieg ist, wird Nanning (großartig: Jasper Billerbeck) zum Ernährer der Familie. Tagein, tagaus streift er mit seinem Freund Herrmann (genauso großartig: Kian Köppke) über die Insel, um Schollen und Kaninchen zu fangen oder Kiebitzeier zu stehlen. Sie helfen Tessa bei der Feldarbeit, und einmal nimmt ihn Sam Gangsters (Detlev Buck) heimlich mit zur Robbenjagd. Als im Radio vermeldet wird, dass Hitler „gefallen“ ist, bricht für Nannings Mutter eine Welt zusammen. Trauernd liegt sie im Bett und wird immer schwächer, weil sie nichts essen will. Nur auf ein Weißbrot mit Butter und Honig hat sie noch Appetit. In den nächsten Tagen wird Nanning nichts unversucht lassen, um ihr diesen unmöglichen Wunsch zu erfüllen.
„Amrum“ basiert auf den Jugenderinnerungen des deutschen Filmemachers Hark Bohm („Nordsee ist Mordsee“). Faith Akin („Aus dem Nichts“) wollte ursprünglich nur das Drehbuch überarbeiten, doch irgendwann war klar, dass der heute 86-jährige Bohm nicht mehr die Kraft hatte, den Film selbst zu inszenieren. Akin hat sich erst gesträubt – und war dann doch bereit, die Regie zu übernehmen. Erst danach hat Hark Bohm aus dem Drehbuch seinen gleichnamigen Roman entwickelt. „Amrum“ ist also keine Adaption der Buchvorlage, sondern unabhängig davon entstanden (was auch erklärt, warum Film und Roman unterschiedlich enden).
Und doch: Wer den Roman kennt, wird erstaunt sein, wie präzise Fatih Akin die Bilder im Kopf seines langjährigen Freundes eingefangen und auf der Leinwand zum Leben erweckt hat. Mit „Amrum“ ist ihm sein vielleicht schönster Film gelungen. In ebenso unsentimentalen wie stimmungsvollen Bildern erzählt er die Geschichte einer Kindheit, die nachhaltig berührt und lange im Gedächtnis bleibt.
Fazit
Eine Kindheit im Dritten Reich: Dieser bewegende Film erzählt auch von der tiefen Freundschaft zwischen Fatih Akin und Hark Bohm.
Eine deutsche Kindheit (Dirk Knipphals, taz)
Basierend auf Erinnerungen von Hark Bohm hat Fatih Akin einen berührenden Film gedreht. „Amrum“ spielt in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs.
Die Nordseeinsel Amrum kann ein Kindheitsparadies sein. Und das sieht man auch in diesem Film, der ohne aufgeputzte Kostümfilmästhetik auskommt. Die Insel porträtiert dieser Film mit viel Respekt. Da ist der Himmel, da ist das Meer, der unendlich weite Strand, der Kniepsand. Da sind die Wellen, die Vögel, die Gräser in den Dünen, die sich im Wind biegen. Und da ist das Öömrang, diese besondere Version des Friesischen, die nur auf Amrum gesprochen wird. Die Schauspieler haben sorgfältigen Sprachunterricht genommen.
Doch Amrum, und darum wird es gehen, ist in dieser Zeit keineswegs ein Kindheitsparadies. Das liegt am Krieg, der seine Auswirkungen längst nach Nordfriesland schickt, was dieser Film in handfesten Bildern zeigt. Alliierte Bomberverbände überfliegen die Insel. Ein ertrunkener Pilot wird am Strand angespült. Und Flüchtlinge kommen an. Die Rote Armee steht fünfzig Kilometer vor Berlin.
Dass diese Insel kein Kindheitsparadies ist, liegt aber auch am Sozialen, an den Menschen, die auf ihr leben. Auch wer gegen die Nazis ist, hat sich in emotionalen Kältelehren eingerichtet, das Leben wird der Insel abgetrotzt. Auch das zeigt dieser Film. Eine wetter- und lebensgegerbte Härte liegt in diesen Figuren. Man sieht es im Gesicht der Schauspielerin Diane Krüger, die Tessa, eine mit dem Pferd pflügende Bäuerin, spielt. Und man hört es in der Art, wie Detlev Buck als Fischer auf die Frage „Aber du hast doch keine Angst vor dem Meer“ schlicht mit „Doch“ antwortet.
Der Wind, die Gezeiten, der Zweite Weltkrieg, die letzten Tage des Nationalsozialismus, das bildet den Rahmen. Den emotionalen Glutkern des Films bildet aber etwas anderes. Im Kern geht es um die Liebe eines zwölfjährigen Jungen, Nanning heißt er, zu seiner Mutter – die eine überzeugte Nationalsozialistin ist.
Wie schwer es der bundesdeutschen Gesellschaft gefallen ist, auf den wunden Punkt zu schauen, dass die eigenen Vorfahren bei den Nazis mitgemacht haben, sieht man an den Umfragen, nach denen der eigene Opa kein Nazi gewesen sein soll. War er aber oft doch. Und diese Mutter im Film ist es unbedingt. Als sie erfährt, dass die Bäuerin Hille von einem „Scheißkrieg“ gesprochen hat, denunziert sie das als „Wehrkraftzersetzung“ bei dem NS-Ortsgruppenleiter. Als der Zweite Weltkrieg verloren ist, ist sie ganz verzweifelt: In welcher Welt sollen ihre Kinder jetzt leben?!
Trauern über den Tod von Hitler
Die Wendung, die filmisch am leichtesten hätte verunglücken können, liegt aber darin, dass diese Mutter den Tod Adolf Hitlers tatsächlich betrauert. An das nationalsozialistische Weltbild – das in den Friesen, den nordischen Menschen, das Urbild der Arier sah – glaubt sie. Ihre Schwester, die das nicht getan hat, bezeichnet sie als „Nihilistin“. Und nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reiches“ verfällt diese Mutter, hochschwanger, in eine tiefe Depression – während Nanning mit aller kindlichen Hilflosigkeit die Versorgerrolle auszufüllen versucht. Der Ehemann und Vater, auch Nazi, ist abwesend.
Der Film „Amrum“ basiert auf Erinnerungen des Regisseurs Hark Bohm. Er wollte selbst seinen letzten Film daraus machen und hat auch ein umfangreiches Drehbuch verfasst, sah sich allerdings altersbedingt nicht mehr in der Lage, es umzusetzen. Aus diesem Drehbuch entstand in der Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller Philipp Winkler ein lesenswerter Roman, der 2024 erschien.
Und nun gibt es auch diesen Film. Der Regisseur Fatih Akin hat ihn inszeniert. Er hat eine Episode des ursprünglichen Drehbuchs herausgeschnitten. Ein „Hark Bohm Film von Fatih Akin“ lautet nun die Bezeichnung. Die beiden Regisseure sollen miteinander befreundet sein.
Diese herausgeschnittene Episode dreht sich um ein Honigbrot. In ihrer Trauer möchte die Mutter nichts anderes mehr essen, und der Sohn bemüht sich verzweifelt, die Zutaten aufzutreiben, was eine Herausforderung ist. Butter, Weißmehl und auch Honig sind in der Kriegswirtschaft purer Luxus.
Gefühlsdrama mit banalem Gegenstand
Dieses Honigbrot ist etwas, was in der Filmsprache MacGuffin heißt, ein für sich eher nebensächlicher Gegenstand, der aber die Handlung vorantreibt. Das große Gefühlsdrama – eh ödipal besetzt, durch den Nazihintergrund mit unendlicher Brisanz aufgeladen – mit so einem banalen Gegenstand handhabbar zu machen, ist ein Wagnis. Wie konstruiert und unangemessen könnte das wirken! Doch es funktioniert.
Das Honigbrot zieht einen durch den Film. Das Weizenmehl bekommt Nanning von einem Arzt. Bei einer Imkerin erfährt er, dass Bienen, um Honig zu produzieren, in dieser Jahreszeit Zuckerwasser brauchen. Den Zucker und schließlich auch die Butter holt er sich bei einem Onkel, auch ein überzeugter Nazi, der auf der Nachbarinsel Föhr lebt; wobei Nanning, der dafür übers bei Ebbe freiliegende Watt geht, bei der Rückkehr, als die Flut kommt, fast ertrinkt. Und schließlich bringt Nanning einen Bäcker dazu, ein rührend kleines Weißbrot zu backen.
Das alles funktioniert deshalb, weil der Film die Gefühle genauso ernst nimmt wie die Landschaft Amrums. Der Debütant Jasper Billerbeck spielt Nanning. Er ist kein strahlender Junge, zunächst würde man ihn leicht übersehen, aber er arbeitet sich in die Zuneigung der Zuschauer hinein.
Großer Moment, mit Abstand gefilmt
Laura Tonke spielt die Mutter. An der großartigen Art, wie sie es schafft, das Harte dieser Figur deutlich zu machen, ohne sie zu denunzieren, hängt der ganze Film. Als das Neugeborene weint und Nanning es trösten will, sagt die Mutter: „Lass sie weinen. Das kräftigt die Lungen.“ Sie sagt es nicht böse, sie glaubt das wirklich. Und als das Honigbrot fertig ist, will sie es in ihrer Trauer doch nicht essen. Nanning erleidet einen Zusammenbruch und will sich in ihrem Schoß vergraben. Doch sie rüttelt an ihm und ermahnt ihn: „Sei ein Mann.“
Fatih Akin filmt das mit Abstand von der anderen Zimmerecke aus, doch er lässt diese Szene – ein großer Kinomoment – auch deutlich ausspielen. Das Stockholm-Syndrom dieser Mutter-Kind-Beziehung leuchtet auf. Die Nazis nicht als schnarrende Preußen, sondern im emotionalen Nahbereich.
Ein zweiter Erzählstrang dreht sich um Nannings Onkel Theo. Er hat, wie viele Amrumer, die Insel verlassen und ist schließlich nach Amerika ausgewandert. Seine Frau, eine Jüdin, hat er allerdings nicht retten können, sie ist deportiert und umgebracht worden. Als Nanning von dieser Familientragödie erfährt, erscheint ihm Onkel Theo in einer Traumsequenz. Ich habe keine Schuld, sagt Nanning. Das stimmt, sagt der Onkel, aber ich werde, wenn ich dich sehe, immer daran denken.
Nicht nur in dieser Szene, sondern mit seiner ganzen Haltung macht dieser Film deutlich, dass es schmerzvoll sein kann, auf die deutsche Vergangenheit zu schauen, dass es aber auch keine lebbare Alternative dazu gibt.
Gegen Ende fällt eine Szene in ihrer forcierten Emotionalität ein Stück aus dem Film heraus. Nanning und eins der Flüchtlingskinder verabschieden sich pathetisch voneinander. Das ist dick aufgetragen, verweist aber über den Film hinaus. Hark Bohm hat in „Nordsee ist Mordsee“ von ungleichen Jugendlichen erzählt, die sich erst zusammenraufen müssen, Fatih Akin in „Tschick“. In „Amrum“ erzählen sie zusammen vom emotionalen Drama einer Kindheit.
Ganz am Schluss gibt es einen Zeitsprung, und man sieht Hark Bohm selbst, hoch in seinen Achtzigern, am Strand von Amrum stehen. Er macht nichts anderes als das, er schaut aufs Meer (und in die Vergangenheit), und das macht er großartig. Damit beglaubigt er den Film. Und man kann in diesen Blick auch die Mahnung hineinsehen, dass unsere Gesellschaft nie wieder in die Gefühlskälte seiner Kindheit zurückfallen möge.