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Der Meister und Margarita

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R/KRO 25, R: Michael Lockshin, FSK: 12, 156 min
Kneipe mit kleinem Speisenangebot ab 18 Uhr

Moskau in den 1930er-Jahren. Ein bekannter russischer Schriftsteller und sein Theaterstück über Pontius Pilatus geraten in die Mühlen des stalinistischen Überwachungsstaates. Die Premiere seines Theaterstücks wird abgesagt. Inspiriert von seiner Geliebten Margarita beginnt er mit der Arbeit an einem neuen Roman, in welchem er sämtliche Menschen aus seinem realen Leben in satirisch überspitzter Gestalt auftreten lässt. Im Mittelpunkt steht Woland (grandios: August Diehl), eine mystisch-dunkle Macht, die Moskau besucht, um sich an all jenen zu rächen, die für den Ruin des Autors verantwortlich sind. Während der Meister, wie dieser sich fortan nennt, immer tiefer in seine Geschichte eintaucht, vermag er allmählich nicht mehr zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden …

»Ein faszinierendes Spiel mit Realität und Kunst auf mehreren Erzählebenen, ein opulenter Bilderrausch und großes Kino für den Kopf, das auch das Herz mitnimmt!« CINEMA

Die opulente Neuverfilmung des legendären Romans von Michail Bulgakow (für einige Kritiker der beste russische Roman des 20. Jahrhunderts), verknüpft die Romanhandlung und das Leben des in Kiew geborenen Schriftstellers miteinander. Die sinnlich-humorvolle Satire auf Stalinismus, Zensur und hierarchische Inkompetenz entpuppt sich (auch) als beißende Kritik an den aktuellen Zuständen in Russland. Gedreht vor dem Einmarsch in die Ukraine, wurde der Film über das Lieblingsbuch vieler Russen großzügig staatlich gefördert. Als nach dem Erscheinen des Films der Regisseur sich unterstützend für die Ukraine äußerte, wurden Forderungen nach einem Verbot laut. Allerdings zeigten da die russischen Kinos den Film schon bis zu zehnmal am Tag – vor ausverkauften Häusern.

„Jede Form der Macht ist Gewalt an anderen“ – Mit diesen Worten beschrieb der russische Autor und Satiriker Michail Bulgakow (1891–1940) die Essenz seines bekanntesten Romans DER MEISTER UND MARGARITA. Geschrieben über den Verlauf von zwölf Jahren, diktierte er seiner Frau die letzte Fassung noch auf dem Sterbebett, im sicheren Wissen, dass es das Werk niemals an den strengen Zensurbehörden der UdSSR vorbei schaffen würde. Zu direkt und pointiert war die Kritik am sowjetischen Staatsapparat, an Zensur, Unterdrückung und Propaganda. Geschrieben hat er es dennoch, denn „veröffentlichen muss ein Schriftsteller nicht, aber schreiben … schreiben muss er!“

»Überbordend, exzentrisch, exzessiv – die subversive Verfilmung eines subversiven Romans und der erfolgreiche Flug unter dem Radar der russischen Zensur – ein Teufelswerk!« 

Es ist nicht der erste Versuch, Michail Bulgakows gleichnamigen Roman zu verfilmen, zweifellos aber einer der besten. Visuell anspruchsvoll interpretiert der russisch-amerikanische Filmemacher die Geschichte und scheut sich nicht vor Anspielungen auf die Gegenwart (dass es sich 2025 merkwürdig anfühlen könnte, dass der Moskau niederbrennende Teufel ausgerechnet aus Deutschland kommt, konnte Bulgakov in den 1930ern nicht ahnen). Der Film wurde vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine gedreht, Lokshin überwachte den Schnitt aus dem Exil und konnte nur aus der Ferne erleben, wie sein Werk 2024 ein Millionenpublikum in den russischen Kinos erreichte. Putins Anhänger gingen auf die Barrikaden, als hätten sie jetzt erst bemerkt, dass Bulgakov eine beißende Satire über autoritäre Regime geschrieben hatte. Eine vielschichtige Vorlage, kreativ und opulent inszeniert von bizarren Fantasy-Elementen bis zu philosophischen Exkursen, mit einem exzellenter Schauspielensemble – ein herausragendes, hochkarätiges Literaturepos zur richtigen Zeit!

Der Film läuft auch am Mi 10.09. | 19:30 Uhr im Kronenkino Zittau.

Pressestimmen zum Film: 

Der Meister und Margarita

Von Barbara Schweizerhof / epd film

Michael Lockshin, in den USA geborener Regisseur mit russisch-amerikanischen Wurzeln, hat Michail Bulgakows Roman adaptiert. Seine als Parabel über intellektuelle Feigheit lesbare Version wurde in Russland 2024 zum Publikumshit

Michail Bulgakows Roman »Der Meister und Margarita« hat eine außergewöhnliche Rezeptionsgeschichte: Geschrieben in den 1930er Jahren, wurde er erst Mitte der 60er Jahre, über 25 Jahre nach dem Tod des Autors, publiziert – und erlangte in der Sowjetunion augenblicklich Kultstatus. Die facettenreiche Form des Romans, der Satire, fantastisch-spirituelle Elemente, Philosophie-Traktat und politischen Kommentar miteinander verbindet, lässt vielerlei, auch widersprüchliche Interpretationen zu und gilt als schwer verfilmbar. Andrzej Wajda beschränkte sich in seinem 1971 fürs ZDF produzierten Fernsehfilm »Pilatus und andere« auf den in Jerusalem spielenden Teil der Erzählung. Andere Adaptionen, wie etwa Yuri Karas mit russischen Stars und einem Score von Alfred Schnittke hochkarätig besetzte Version von 1994, fanden wegen juristischer und anderer Dispute nie ihr Publikum. Ein Schicksal, das Michael Lockshins im Jahr 2021 gedrehte Verfilmung fast auch ereilt hätte: Der 1981 in den USA geborene Regisseur mit russisch-amerikanischen Vorfahren war nach Drehschluss in die USA zurückgekehrt, von wo er sich lautstark gegen den Überfall Russlands auf die Ukraine äußerte. In Russland konnte der Film unter Anfeindungen erst im Januar 2024 ins Kino kommen, entpuppte sich dann aber als regelrechter Publikumshit.

Dabei hat Lockshin seine Adaption keineswegs besonders an aktuelle Verhältnisse angepasst: Wie der Roman spielt auch der Film im Moskau der 1930er Jahre, das die digital verstärkte Ausstattung hier als erfüllten Traum futuristischer Architektur malt. Das Theaterstück des »Meisters« (Evgeniy Tsyganov) über Pontius Pilatus wurde gerade abgesetzt, er selbst wird aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen, begegnet aber Margarita (Yuliya Snigir), die ihn als Geliebte und Muse zur Arbeit an einem Roman anstiftet, in dem er einen Teufel namens Woland (August Diehl) samt Entourage in Moskau sein Unwesen treiben lässt. Oder ist Letzteres die eigentliche Realität? Und den eloquenten Herrn Woland, der eines Tages so nonchalant am Ufer des Patriarchenteichs auftaucht und dem kläglichen Vorsitzenden des Schriftstellerverbands MASSOLIT seine baldige Enthauptung vorhersagt, weil »Annushka das Öl schon verschüttet hat«, gibt es wirklich? Mit teuflischer Häme und bösen Tricks führen er und seine Gefolgschaft, zu der ein sprechender Kater namens Behemoth gehört, den Opportunismus, die Korruption und vor allem die Feigheit der Intellektuellen dieser Zeit vor Augen, kulminierend in einem regelrechten Hexenball, der sich aber genauso als Kritik an Konsumgier lesen lässt.

Der Film wechselt die Zeitebenen – eine davon zeigt den Meister in einer Irrenanstalt, eine andere den von Claes Bang gespielten Pontius Pilatus – und berührt Themen wie Zensur, die Natur von Gut und Böse, die Macht der Liebe und der Kunst. Wie schon im Roman ist das alles ein bisschen viel, und wie es dem Roman entspricht, entzieht sich auch Lockshins Adaption den einfachen Erklärungen. Auch das passt in unsere Zeit.


Ein sub­ver­si­ver Klas­si­ker?

Von Han­nah Wag­ner/ Abendzeitung München

Die rus­si­sche Neu­ver­fil­mung von „Der Mei­ster und Mar­ga­rita“ hat ein Kriegs­geg­ner gedreht. Kreml­treue sind ent­setzt, doch die Men­schen strö­men in die Kinos

Eigent­lich hatte alles recht harm­los ange­fan­gen: Michail Bulga­kows Lite­ra­tur­klas­si­ker „Der Mei­ster und Mar­ga­rita“ sollte ver­filmt wer­den – wie­der ein­mal. Es war 2021, Rus­slands Krieg gegen die Ukraine hatte noch nicht begon­nen. Der staat­li­che rus­si­sche Kino­fonds hatte zuge­sagt, die Dreh­ar­bei­ten mit 800 Mil­lio­nen Rubel (8 Mil­lio­nen Euro) zu unter­stüt­zen. Monate vor der Pre­miere wurde das Pro­jekt in Mos­kauer Kinos groß bewor­ben.

Doch dann erschien der Film Ende Januar – und das Ent­set­zen bei Putin-treuen war groß. Denn der Regis­seur des Films, der in den USA lebende Regis­seur Michail Lok­schin, fand unter­stüt­zende Worte für die Ukraine. In pro­pa­gan­di­sti­schen rus­si­schen Tele­gram-kanä­len wurde Lok­schin als „glü­hen­der Rus­so­pho­ber“ und als „Prou­krai­ner“ bepö­belt. Der kreml­nahe Autor Sachar Prile­pin schimpfte, ihm werde mit Blick auf die staat­li­che Mit­fi­nan­zie­rung „übel“. Schnell wur­den For­de­run­gen laut, den Film zu ver­bie­ten, um Lok­schin keine Bühne zu bie­ten. Doch dafür war es zu spät: Film­spiel­häu­ser zei­gen „Der Mei­ster und Mar­ga­rita“  teils zehn­mal pro Tag, immer wie­der sind die Vor­stel­lun­gen aus­ver­kauft. Seine enor­men Pro­duk­ti­ons­ko­sten in Höhe von 1,2 Mil­li­ar­den Rubel (12 Mil­lio­nen Euro) hat der Film längst ein­ge­spielt.

Ein Grund für die Begei­ste­rung dürfte sein, dass nach knapp zwei Jah­ren sank­ti­ons­be­ding­ter Film­flaute wie­der Block­bu­ster auf der Lein­wand zu sehen ist, und dann ist es auch die Ver­fil­mung des Lieb­lings­bu­ches vie­ler Rus­sen.Doch hin­ter dem Erfolg von Lok­schins Werk steckt wohl noch etwas ande­res: näm­lich, dass der Regis­seur Bulga­kows Mei­ster­werk in einer Art ver­filmte, die durch­aus auch als kri­tisch gegen­über Kreml­chef Wla­di­mir Putins Macht­ap­pa­rat ver­stan­den wer­den kann.

Im Ori­gi­nal ist der Roman „Der Mei­ster und Mar­ga­rita“, den Bulga­kow kurz vor sei­nem Tod 1940 fer­tig schrieb, eine bei­ßende und unter­halt­same Satire auf das Zen­sur­sy­stem unter Josef Sta­lin (1879-1953). Das Buch han­delt von einem namen­lo­sen „Mei­ster“, der eine Erzäh­lung über die bib­li­sche Figur Pon­tius Pila­tus schrei­ben will, das aber ange­sichts des staat­lich ver­ord­ne­ten Athe­is­mus nicht darf. Dar­auf­hin schlie­ßen der Mei­ster und seine Geliebte Mar­ga­rita einen Pakt mit dem Teu­fe­lin Gestalt des myste­ri­ösen Zau­ber­mei­sters Voland, der Ver­tre­ter des Staats­ap­pa­rats schi­ka­niert. „Der Mei­ster und Mar­ga­rita“ ist dabei nicht nur ein Buch über Sta­lin­sche Zen­sur, son­dern auch selbst Opfer die­ser gewe­sen: Ver­öf­fent­licht wer­den konnte das Werk erst Jahre nach Bulga­kows Tod und das auch nur in gekürz­ter Form. In vol­ler Länge erschien es in der Sowje­tu­nion erst im Jahr 1973.

Film­re­gis­seur Lok­schin hat nun beide Stränge – die Roman­hand­lung und die Bio­gra­fie des Schrift­stel­lers – mit­ein­an­der ver­wo­ben. Der von Jew­geni Zyga­now gespielte Prot­ago­nist ist fik­ti­ver Mei­ster und histo­ri­scher Bulga­kow in einem. Her­aus kommt dabei ein dop­pelt düste­res Werk über staat­li­che Repres­sion, Denun­zi­an­ten­tum und die dar­aus resul­tie­rende Ver­zweif­lung. Schon die Hetz­jagd gegen den Mei­ster durch seine Schrift­stel­ler­kol­le­gen zu Beginn des Films ist so anschau­lich, dass es beim Zuschauen bedrückt. In den gut zwei­ein­halb Stun­den, in denen der Mei­ster nach und nach den Ver­stand ver­liert, ent­steht ein Gefühl der Beklem­mung.

Vor allem sehen viele Zuschauer in Lok­schins Werk nicht nur die Grauen der sowje­ti­schen Ver­gan­gen­heit abge­bil­det, son­dern auch Par­al­le­len zum heu­ti­gen Rus­sland. „Der Film sei voll­ge­packt mit brand­ak­tu­el­len Bil­dern und Hin­wei­sen“, meint der bekannte rus­si­sche Film­kri­ti­ker Anton Dolin. Die Teu­fels­fi­gur – ver­kör­pert vom deut­schen Schau­spie­ler August Diehl – erin­nere ihn an einen „aus­län­di­schen Agen­ten“, schreibt er mit Blick dar­auf, dass Rus­slands Macht­ap­pa­rat unter die­ser Bezeich­nung der­zeit Kri­ti­ker und Oppo­si­tio­nelle brand­markt. „Die Jagd auf den Mei­ster ist eine Furcht ein­flö­ßende Nach­bil­dung der Mecha­nis­men, die in der rus­si­schen Kul­tur in letz­ter Zeit zur Nor­ma­li­tät gewor­den sind“, schreibt Dolin im kreml­kri­ti­schen Por­tal „Meduza“ wei­ter. Er spielt damit auf die vie­len repres­si­ven Gesetze an, die seit Kriegs­be­ginn erlas­sen wur­den. So steht mitt­ler­weile die ver­meint­li­che Dis­kre­di­tie­rung der rus­si­schen Armee ebenso unter Strafe wie die Dar­stel­lung homo­se­xu­el­ler Liebe und ande­rer quee­rer Inhalte.

Dass der Film trotz­dem in den rus­si­schen Kinos läuft, wird mit Erstau­nen zur Kennt­nis genom­men. Die kreml­kri­ti­sche Zei­tung „Nowaja Gaseta“ fin­det, der Film sei ein „Mes­ser in den Rücken der rus­si­schen Pro­pa­ganda“. Und Regis­seur Lok­schin selbst bezeich­nete es Us-medien zufolge als „Wun­der“, dass sein Werk in die­sen Zei­ten über­haupt her­aus­ge­kom­men sei. Einige Beob­ach­ter erklä­ren sich das mit den immen­sen Pro­duk­ti­ons­ko­sten, die zurück erwirt­schaf­tet wer­den mus­sten. Andere ver­wei­sen dar­auf, dass eine Ver­ban­nung die­ses Klas­si­kers aus den Kino­sä­len ein noch grö­ße­rer Skan­dal wäre, den der Kreml kurz vor der Prä­si­den­ten­wahl am 17. März nicht gebrau­chen könne.