Die Fotografin
GB/USA 24, R: Ellen Kuras, FSK: 12, 116 min
Prädikat besonders wertvoll
Darsteller: Kate Winslet, Alexander Skarsgård, Marion Cotillard
Kate Winslet ist als Lee Miller ein Glücksfall für den Film: Auf ihrem Gesicht spiegelt sich ein ganzes Leben, das Unbändige, die Sinnlichkeit, Mut und Entsetzen und die Verbitterung der im Alter Vergessenen. (Knut Elstermann, Radio Eins)
Das ehemalige Fotomodell Lee Miller (Kate Winslet) ist es leid, Objekt ihrer männlichen Kollegen zu sein und konzentriert sich auf ihre eigene Arbeit als Fotografin. Mitten im Krieg geht sie als Fotoreporterin an die Front nach Frankreich und dokumentiert gemeinsam mit ihrem Kollegen David E. Scherman (Andy Samberg) über Monate die Schrecken des Zweiten Weltkriegs. Sie gehören zu den ersten Fotografen, die bei der Befreiung der Lager von Buchenwald und Dachau dabei sind. Lees Bilder werden zu den stärksten Zeugnissen jener entsetzlichen Verbrechen und brennen sich in die Geschichte ein – aber lassen auch Miller selbst bis an ihr Lebensende nicht mehr los …
Der Film läuft auch am Mi 15.01. | 19:30 Uhr im Kronenkino Zittau.
Pressestimmen zum Film
Die Fotografin – Krieg und Zeug(inn)enschaft
Filmkritik von Nathanael Brohammer
Lee Miller war Fotomodel und zeitweise Muse des Avantgarde-Fotografen Man Ray. Heute fällt ihr Name aber vor allem im Kontext ihrer eigenen Errungenschaften als Kriegsfotografin im Zweiten Weltkrieg, wo sie nicht nur die Front und die Befreiung von Paris, sondern auch als eine der Ersten das unaussprechliche Grauen der Vernichtungslager Buchenwald und Dachau dokumentierte. Ellen Kuras, vormalig Kamerafrau für etliche Spiel- und Dokumentarfilme, verfilmt Millers Leben als Reißbrett-Biopic und profitiert insbesondere von ihrer unvergleichlichen Hauptdarstellerin, deren bloße Präsenz im Grunde jeden Film aufwertet: Kate Winslet.
Die Fotografin ist gleich von der ersten Szene an als große Retrospektive auf ein unangepasstes Frauenleben angelegt: Die alte Lee Miller (Winslet) sitzt einem verschmitzten Journalisten (Josh O’Connor) gegenüber. Sie ist deutlich gezeichnet von Erfahrungen, die sie ihm nach ein paar koketten Ausweichmanövern im Interview schließlich doch recht weitläufig ausbreitet.
Wir springen also, geleitet durch ihr Voiceover, zurück ins Frankreich der späten 30er-Jahre, wo Lee als Bohemien an der Côte d’Azur vagabundiert. Inmitten idyllischer Gärten in der Provence sind der Führer und die nationalsozialistischen Allmachtfantasien noch weit entfernt und nicht viel mehr als eine politische Anekdote, die mit freiem Oberkörper und Zigarette im Mund zugunsten lustvoller Augenblicke beiseite gewischt werden kann: etwa mit dem Kunsthändler Roland Penrose (Alexander Skarsgård), dem es nur wenig später tatsächlich gelingt, die ruppige, freiheitsliebende Lee ganz für sich einzunehmen und zum gemeinsamen Umzug in seine Heimatstadt London zu bewegen.
Hier beginnt auch das Kapitel in Lees Leben, das sie mittenhinein in die Kriegsschauplätze katapultiert: Während beim Blitzkrieg Bomben vom Himmel donnern und die britische Hauptstadt verwüsten, gelingt es ihr, sich eine Stelle als Fotografin bei der britischen Vogue zu ergattern. Fortan knipst sie den Alltag zwischen Krieg und Glamour unter der Fittiche von Chefredakteurin Audrey Withers (Andrea Riseborough), die Lee bei ihrer recht unkonventionellen Arbeitsweise freie Hand lässt. Es entstehen bereits einige der eindrücklichen Arbeiten, die sie postum weltberühmt werden lassen sollen.
Kate Winslets Lee ist tough und unbeeindruckt von den Fliegerangriffen der Deutschen. Doch auch ihr kerben sich alsbald die Schauer des Krieges ins abgebrühte Gesicht: Frustriert von den Beschränkungen, die ihr als weibliche Fotografin auferlegt sind, sucht sie nach einem Weg, mehr als nur „ihre Pflicht als Frau“ zu tun. Was die Briten ihr versagen, erreicht sie schließlich mithilfe ihrer amerikanischen Staatsbürgerschaft: eine Akkreditierung als Kriegsfotografin. An der Seite ihres Kollegen David E. Scherman (Andy Samberg) vom Magazine Life dringt sie mit den alliierten Truppen immer tiefer ins Kriegsgebiet vor. Sie ist an vorderster Front dabei, als Paris befreit und als München eingenommen wird. Und sie bezeugt als eine der Ersten die Verbrechen des Holocaust, die auch sie, die Unerschütterliche, bis ins Mark erschüttern […]
Die Fotografin
Von Knut Elstermann
Das Foto von Lee Miller in Hitlers Badewanne gehört zu den berühmtesten Bildern des 20. Jahrhunderts. Diese amerikanische Fotografin war die Chronistin des Nazi-Bombenterrors gegen London, des „Blitz“, ihre Fotos vom befreiten, zerstörten Deutschland, vom Grauen der Lager Buchenwald und Dachau sind erschütternde Dokumente, die um die Welt gingen.
Regisseurin Ellen Kuras gliedert ihr durch und durch konventionelles, aber sehr informatives Biopic durch Gespräche der alten Fotokünstlerin mit ihrem Sohn Anthony Penrose (gespielt von Josh O’Connor, der junge Prinz Charles aus „The Crown“). In Rückblenden werden dabei wichtige Stationen aufgezeigt, das Vorkriegs-Boheme-Leben in Paris, erste künstlerische Erfahrungen und schließlich die Arbeit als Militärkorrespondentin – oft mit genauen Rekonstruktionen der bekannten Bilder. Kate Winslet ist als Lee Miller ein Glücksfall für den Film: Auf ihrem Gesicht spiegelt sich ein ganzes Leben, das Unbändige, die Sinnlichkeit, Mut und Entsetzen und die Verbitterung der im Alter Vergessenen.