Die Herrlichkeit des Lebens
D 24, R: Georg Maas/Judith Kaufmann, FSK: 6, 99 min
Es ist 1923, als sich Franz Kafka (Sabin Tambrea) und Dora Diamant (Henriette Confurius) durch einen Zufall an der Ostseeküste kennenlernen. Die beiden scheinen verschiedener nicht sein zu können: Er ist ein schräger Vogel und Literat von Welt, der viel Zeit in seinen Gedanken verbringt, sie eine lebensfrohe Schönheit aus Polen, er kann schreiben, sie kann tanzen. Sie steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden, er schwebt immer etwas darüber.
Als die beiden einander kennenlernen, wird alle Verschiedenheit einerlei. Doch Kafkas Gesundheitszustand, er leidet an Tuberkulose, verschlechtert sich mehr und mehr, und nur ein einziges Jahr ist ihnen vergönnt, bis er viel zu früh stirbt.
Liebe gegen alle Widerstände – so könnte man die Prämisse von DIE HERRLICHKEIT DES LEBENS zusammenfassen. Basierend auf dem gleichnamigen Bestseller von Michael Kumpfmüller (erschienen 2011).
Der Film läuft auch am Mi 16.10. | 19:30 Uhr im Kronenkino Zittau.
Stimmen zum Film:
Zeitlos inszeniert: Der Film „Die Herrlichkeit des Lebens“
Moritz Holfelder, Bayrischer Rundfunk
Der Kinofilm „Die Herrlichkeit des Lebens“ erzählt von der letzten großen Liebe des Schriftstellers Franz Kafka. Berührend, auch traurig, aber nie sentimental. Der Film ist zeitlos inszeniert. Fast so, als würde er in unseren Tagen spielen.
Ein Historienfilm? Nein, eigentlich nicht! „Die Herrlichkeit des Lebens“, das Drama rund um die letzte Liebe des Schriftstellers Franz Kafka, ist zeitlos inszeniert. Fast so, als würde es in unseren Tagen spielen. Hell ist dieser Film, er hat etwas Strahlendes. Auch die Hauptdarsteller überzeugen durch ihr frisches Spiel. Henriette Confurius als Dora Diamant und Sabin Tambrea als Kafka. Sie eine junge, forsche und gleichzeitig in sich ruhende Frau, die von Confurius mit charmanter Offenheit gespielt wird; und er ein kränkelnder, Tuberkulose-geplagter Schüchterling, wobei er in Bezug auf diese junge Frau ganz entschieden wirkt. Er will sie unbedingt kennenlernen, mit ihr Zeit verbringen.
Dora Diamant und Franz Kafka lernen sich im Sommer 1923 zufällig an der Ostsee kennen. Er schreibt, sie tanzt – und möchte Schauspielerin werden. In der Sonne glitzern die Wellen, das Meer rauscht, der Wind pfeift durchs Dünengras.
Die Sprache steht keineswegs im Vordergrund
Co-Regisseurin und Kamerafrau Judith Kaufmann nähert sich den beiden, als wären sie ihr schon lange vertraut. Die Kamera ist meist nah an dem Paar, ohne ihnen zu sehr auf die Pelle zu rücken. Kaufmann setzt sie raffiniert ins Licht. Hebt sie hervor, ohne dass das künstlich oder übertrieben wirken würde. Auch wenn es um einen der wichtigsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts geht, steht die Sprache keineswegs im Vordergrund. Kaufmann lässt die Bilder sprechen.
Viele Halb-Nahaufnahmen, wenige Totalen. Das alles oft wie ein Kammerspiel – oder besser noch: wie ein Tanz, den die Kamera aufmerksam beobachtet. Mal umkreist sie die beiden mit großer Agilität, was eher dem Charakter von Dora entspricht, mal erstarrt die Optik etwas oder hält vielmehr inne, was eher Franz charakterisiert. Schnell entsteht eine große Vertrautheit mit dem Paar.
Kafka stirbt 1924, im Alter von nur 40 Jahren. Nur ein Jahr hatten Dora und Franz, um ihre Liebe zu leben. Sie steht mit beiden Beinen fest auf der Erde, er schwebt immer etwas darüber. Sie mag den Indikativ, er bevorzugt den Konjunktiv. Ihre Verschiedenheit inspiriert beide – und die Kunst des Films besteht nun darin, diese Unterschiedlichkeit durch das Casting sowie das visuelle Konzept zum Ausdruck zu bringen.
Bilder von existenzieller Intensität
Co-Regisseur Georg Maas schwärmt von der Phantasie und Entschiedenheit seiner Mitstreiterin und Kamerafrau Judith Kaufmann. Sie sei sehr tief in die einzelnen Szenen eingetaucht, um herauszufinden, was jede einzelne für sich bedeutet. „Von daher war dann auch klar, dass wir Ausstattung und Kostüm nicht so voll historisierend haben wollen, was eine Distanz erzeugt. Wir wollten, dass man da drin ist als Zuschauer. Dass man mit den beiden mitfiebert, wie in einem zeitgenössischen Liebesfilm.“
Berührend ist diese Liebe, auch traurig, aber nie sentimental – vielmehr getragen von dieser Klarheit in der visuellen Umsetzung. Sehr präsent bleibt einem dieser Film, der ansonsten recht konventionell inszeniert ist, aber in seinen Bildern eben existenzielle Intensität besitzt. Ohne eskapistisch zu sein, feiert er die titelgebende „Herrlichkeit des Lebens“.
Die Herrlichkeit des Lebens
Gaby Sikorski, Programmkino.de
„Es zählt nur der Augenblick!“ – so lautet das Motto dieser sensiblen, poetischen Love Story, die gleichzeitig von der Schönheit und der Tragik einer großen Liebe erzählt, ohne auf die Tränendrüsen zu drücken.
Das Drama um Franz Kafka und seine letzte Liebe ist kein Kafka-Biopic und handelt nur peripher von seinen Werken. Stattdessen hält der Film gekonnt die Balance zwischen Melodram und romantischer Komödie, wobei Sabin Tambrea und Henriette Konfurius in den Hauptrollen die Idealbesetzung darstellen: Sie überzeugen in ihrer Darstellung eines Liebespaars, das sich im Angesicht des Todes findet und zusammenbleibt – bis zum Ende.
„Manchmal ist das Glück am größten, wenn es ganz klein ist“, schrieb Franz Kafka in sein Tagebuch – das Zitat steht als Motto über der Verfilmung des Romans, inszeniert vom Regie-Duo Georg Maas („Zwei Leben“) und Judith Kaufmann (Bildgestaltung für „Das Lehrerzimmer“; Co-Regie „Zwei Leben“). Ihr gemeinsamer Film bewahrt ein schönes atmosphärisches Gleichgewicht zwischen dem gelebten Glück des Moments und der allgegenwärtigen Bedrohung durch die Krankheit, denn Franz Kafka ist krank – unheilbar krank, als er seine große Liebe Dora Diamant kennenlernt.
„Die Herrlichkeit des Lebens“ balanciert elegant auf dem schmalen Grat zwischen RomCom und Melodram. Das hört sich erstmal gewagt an: Franz Kafka und eine romantische Komödie? Aber es funktioniert. Im Zentrum steht ganz und gar die Liebesgeschichte der beiden ungleichen Persönlichkeiten Dora und Franz, fantastisch gut besetzt mit Henriette Confurius und Sabin Tambrea. Dem Film gelingt es, eine stimmungsvolle, leise Spannung zu bewahren, die nur wenig mit Kafkas vorsehbarem Tod zu tun hat, sondern umso mehr mit dem, was sich die beiden Liebenden gegenseitig geben können und wie sie mit dem Wissen umgehen, dass ihre Liebe ein absehbares Ende finden wird. Das hat etwas sehr Poetisches – als fein ziselierte Auseinandersetzung mit dem Unausweichlichem. Visuell gelingt das durch ein zeitloses Setting, das vollkommen ohne 20er Jahre-Glamour und Vintage-Atmosphäre auskommt, und durch den Einsatz warmer, weicher Farben, was auch durch den klassisch motivierten Soundtrack unterstützt wird. Doras Engagement für die Kommunistische Partei, ihr Bekenntnis zur Arbeiterklasse und zum Judentum … all das wird gar nicht groß thematisiert, sondern gehört wie selbstverständlich zu ihrer Persönlichkeit. Auch das macht den Film interessant und spannend, er hat überhaupt nichts Besserwisserisches oder Belehrendes – das ist eine Liebesgeschichte und kein Literaturseminar.
Dabei stellen die Autoren Dora nahezu ebenso stark in den Fokus wie den Dichter. Sie ist also keinesfalls schmückendes Beiwerk, um das Leiden des Künstlers noch deutlicher zu machen – bekanntlich noch immer ein beliebtes Thema in Bildungskreisen, sondern sie ist hier eine Frau, die ihre eigene Geschichte hat. Franz und Dora begegnen sich zuerst am Ostseestrand, wo Dora eine Schar Berliner Kinder betreut. Sie fällt ihm sofort auf, und umgekehrt gilt das gleiche: Er ist tatsächlich eine faszinierende Persönlichkeit und wirkt ein bisschen schräg und schrill, nicht nur, weil er im Hochsommer am Strand im schwarzen Anzug mit Krawatte herumläuft: ein schmaler, blasser Mann von beinahe ätherischer Schönheit. Sabin Tambrea („In einem Land, das es nicht mehr gibt“) sieht Kafka sogar ein wenig ähnlich und macht aus ihm sehr glaubhaft einen humorvollen Feingeist, der vielleicht nicht direkt charmant, aber dafür sehr aufmerksam ist. Wenn er lächelt, dann hat das etwas Rührendes, als ob er das Lächeln erst noch üben muss. Tambreas Kafka ist zurückhaltend, aber nicht bedrückt und entspricht damit kaum dem landläufigen Bild von Franz Kafka.
Dora ist dagegen mehr der fröhliche und zupackende Typ. Henriette Confurius spielt sie mit natürlichem Selbstbewusstsein als mutige junge Frau, die sich ihr eigenes Leben erkämpft hat – ganz anders als Kafka, der mit seiner Familie sehr eng verbandelt ist. Franz beobachtet sie am Strand beim Tanzen, ganz ohne Voyeurismus, eher neidisch. Die beiden begegnen sich immer wieder, sie kommen ins Gespräch und werden ein Liebespaar: der schwerkranke Schriftsteller, der bisher kaum etwas veröffentlicht hat, und die lebensfrohe, viel jüngere Polin, die sich erfolgreich von ihrer Familie abgenabelt hat. Ganz allein ging sie nach Berlin, wo sie in einem jüdischen Volksheim arbeitet. Berlin ist die Traumstadt für Kafka, der Dora für ihren Mut bewundert, sich von der Familie zu lösen und ihren eigenen Weg zu gehen. Er versucht sich als Schriftsteller durchzuschlagen, ist aber auf finanzielle Unterstützung durch den Vater angewiesen. Doch für Dora macht er seinen Traum wahr und folgt ihr nach Berlin, wo sie zusammenleben. Es sind glückliche Tage, auch wenn sich Kafkas Gesundheitszustand immer mehr verschlechtert.
Das Wissen um das nahe Ende ihrer Beziehung schwebt als ständige Bedrohung über dem Paar. Wie geht man damit um, wenn der geliebte Partner zum Patienten wird und wenn die Partnerin von der sinnlichen Bettgenossin zur Pflegekraft mutiert? Hier gibt es keine gepflegte, elegante TBC-Atmosphäre à la Zauberberg. Aber es gibt zwei Menschen, die sich innig lieben und die wissen, dass sie nur wenig Zeit miteinander haben. Nur der Moment ist wichtig, sagt der Film. Das Jetzt, denn in der nächsten Sekunde kann alles vorbei sein.
Die Herrlichkeit des Lebens
Anspruchsvolle Romanverfilmung über die Liebesbeziehung von Franz Kafka und Dora Diamant
Michael Ranze, Filmdienst
Dem Brockhaus ist Kafkas letzte Liebesbeziehung nur eine Zeile wert: „Ende Sept. 1923 Übersiedlung nach Berlin, wo er mit Dora Diamant zusammenlebte.“ Das steht im großen Gegensatz zur Überschwänglichkeit des Filmtitels „Die Herrlichkeit des Lebens“, aber auch zu Kafkas Selbsteinschätzung: „Ich befinde mich auf der Schwelle zum Glück“, schreibt er an seinen Freund Max Brod. In diesem Satz ist eine kleine Unsicherheit verborgen: Richtig glücklich konnte Kafka nicht sein, zumal er wusste, dass er bald sterben würde. Doch dem Glück nahe zu sein, ist manchmal nicht minder bedeutsam.
Die Fabel von Maus und Katze
Im Sommer 1923 erholt sich der an Tuberkulose leidende Franz Kafka im Haus seiner Schwester Elli, das in Graal-Müritz an der Ostsee liegt. Am Strand fällt er sogleich auf: Anzugjacke, Schlips, Hut und geputzte Halbschuhe. Nicht sehr praktisch bei der Hitze, zumal alle anderen nur Badekleidung tragen. Die Kinder hängen trotzdem an seinen Lippen, als er ihnen die Fabel von der Maus und der Katze erzählt. Eine Fabel, die für die Maus nicht gut ausgeht und so das Thema des Todes vorwegnimmt.
Dann lernt Kafka zufällig die Erzieherin Dora Diamant kennen, die aus Polen stammt. Eine schöne, natürliche Frau mit lockigen Haaren. Sie ist 15 Jahre jünger als Kafka, lebenstüchtig und pragmatisch. Tanzen kann sie auch, während er noch nicht einmal seiner größten Fähigkeit, dem Schreiben, vertraut. Zwei Menschen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch die Liebe macht alle Gegensätze vergessen. Gemeinsam ziehen sie nach Berlin. Doch mit dem Umzug ändert sich auch die Stimmung. Das Licht, die Wärme und die Luft der Ostsee weichen der Dunkelheit und Kälte in einem möblierten Zimmer, in dem ein altersschwacher Kohleofen gefährlich vor sich hinschmaucht. Kafkas Gesundheitszustand verschlechtert sich zusehends. Doch er will Berlin partout nicht verlassen.
Kafkas Wirkung auf Frauen
Das Regie-Duo Georg Maas und Judith Kaufmann erzählt nach dem Drehbuch von Michael Gutmann und der gleichnamigen literarischen Vorlage von Michael Kumpfmüller eine romantische Liebesgeschichte. „Boy meets Girl“, ist man fast versucht zu sagen, auch wenn diese Saloppheit den Kern der Geschichte nicht ganz trifft. Immerhin ist es Franz Kafka, einer der bedeutendsten Schriftsteller in deutscher Sprache, der sich hier verliebt. Ein introvertierter, zurückhaltender Mann, dem seine Krankheit nicht mehr viel Zeit lässt. Dass er trotzdem eine gewisse Wirkung auf Frauen ausübt, gehört zu den schönen Erkenntnissen dieses Films, der ganz von seinen beiden Hauptdarstellern Sabin Tambrea und Henriette Confurius geprägt wird.
Während Tambrea etwas seltsam Entrücktes hat, ungelenk dasteht und sich sehr gewählt ausdrückt, überzeugt Confurius durch ihr Temperament und ihre Schönheit. Sie lachen zusammen, diskutieren, baden im Meer, machen Ausflüge mit dem Motorrad. In Berlin bewältigen sie gemeinsam den Alltag. Beiden tut diese Liebe gut. Der Filmtitel macht das von Beginn an deutlich, auch wenn man um den tragischen Ausgang weiß – Kafka starb ein Jahr später in einem Sanatorium in der Nähe von Wien.
Ein tiefer Sinn fürs Paradoxe
Ganz nebenbei geht es auch um Kafkas schriftstellerisches Schaffen. Schon der erste Satz aus „Die Verwandlung“, im Off vorgelesen, beweist seinen Sinn für Paradoxie und Verrätselung. Kafkas schwieriges Verhältnis zu seinem Vater wird ebenso thematisiert wie seine Selbstzweifel. Einmal wirft Kafka zahlreiche Manuskripte ins Ofenfeuer, weil ihm das Geschriebene nicht gut genug erscheint. Kaum zu glauben, dass er sich so sehr irren konnte.