Element of Crime in Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin
D 24, R: Charly Hübner, FSK: 12, 93 min
ELEMENT OF CRIME wurde 1985 gegründet und ist seitdem aus der deutschen Musiklandschaft nicht mehr wegzudenken. Was sind das für Künstler? Wie wurden sie zu dem, was sie sind? Im Sommer 2023 begibt sich die Band auf eine einwöchige Tournee durch Berlin und reist dabei auch durch ihre eigenen Geschichten und Erinnerungen. Regisseur Charly Hübner nimmt uns mit auf diese Reise und begleitet die Bandmitglieder um Sänger Sven Regener, die uns seit fast 40 Jahren mit ihrer Musik Poesie, Trost und Einsicht schenken. Nie wird es nostalgisch, nie klingt es nach der „guten alten Zeit“. Dafür ist die Band viel zu lebendig – auf dem Höhepunkt ihres Schaffens.
Pressestimmen zum Film
Persönliche Liebeserklärung: Filmporträt von Charlie Hübner über „Element of Crime“
Eva Marburg / SWR Kultur
Die Musikdoku „Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“ ist eine persönliche Liebeserklärung des Schauspielers und Regisseurs Charly Hübner an die Kultband „Element of Crime“. Schon seit 40 Jahren bringen die Songs der Band das „Leuchten in das Dunkel der eigenen Lebensnöte oder singen sie weg“, sagt Hübner in seiner Doku..
Als der Schauspieler Charlie Hübner die Anfrage bekam, einen Dokumentarfilm über „Element of Crime” zu drehen, sagte er sofort zu. Denn schon in Teenagerjahren hatte er mit der Band die musikalische Liebe seines Lebens gefunden, wie er gleich in der Eröffnungssequenz seines Films erzählt.
Das war schlau, so Hübner, und es änderte alles für ihn, ihm wurde klar: „Wenn man so auf die Welt gucken kann, dann kommt man vielleicht doch mit ihr zurecht.“
„Ich stand mal auf einem Feldweg in meiner Heimat und hatte echte Teenagernot. Da ertönte aus meinem Walkman eine Stimme, die genau das sang, was ich fühlte: „Life is a pain in the ass“. Charlie Hübner über seine erste Begegnung mit „Element of Crime”
Fünftägige Konzerttour durch Berlin
Und so, wie die Musik von Element of Crime seitdem bei ihm geblieben ist, so folgt nun auch Charlie Hübner der Band und begleitet sie mit der Kamera während einer fünftägigen Konzerttour durch den Berliner Sommer. Ins Lido, ins legendäre SO36 oder in die Zitadelle Spandau.
Krach machen in den 80er-Jahren
In Gesprächen mit Hübner und Aufnahmen von früher wird in schnell geschnittenen Sequenzen zum Beispiel von der Anfangszeit in den 80er-Jahren erzählt, als Element of Crime“ noch eine „No-Jazz/No-Funk“-Kombo war, in der es darum ging, Krach zu machen, erzählen die Bandmitglieder. Zu den Stücken habe es nur grobe Absprachen gegeben, der Rest war: „Voll drauf!“„Immer Prügel, das ist klasse! – Diese Haltung hat natürlich Spaß gemacht. Auch diese ratlosen Gesichter der Leute.“
Nach dem Punk kam die Lust auf schöne Songs
Bis irgendwann aus diesem Geist des Punks die Band einen neuen Weg einschlug und den Klang erfand, den man heute kennt. Was vor allem vom Sänger und Trompeter Sven Regener ausging.
„Das war die Idee von „Element of Crime“, dass wir richtige Songs schreiben, eigentlich Folksongs. Ich hatte keine Lust mehr, als Trompeter dieses schräge Zeug zu spielen. Das war nach ein paar Jahren für mich ausgereizt und ich habe gemerkt, dass ich eigentlich wahnsinnig gerne schöne Songs singen möchte.“ Sven Regener
Poetik der Band in filmisch übersetzt
„Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“ übersetzt die Poetik der Band in ein filmisches Porträt, das in assoziativen Bildern erzählt, sich auch für Nebensächlichkeiten des Konzertlebens interessiert, Momente einfängt von der einsamen Bierflasche oder der Lärmschleuse im Backstagebereich. So wie auch die Songs der Band immer eine Liebe für die kleinen vergessen Dinge am Rand des Lebens zum Ausdruck bringen.
Private Hintergründe der Bandmitglieder nicht im Fokus
Porträtiert wird auch immer wieder die ständig ihr Gesicht wechselnde Stadt Berlin, die der Schauplatz der meisten Lieder ist. Dabei interessiert sich der Film nie für private Hintergründe der Bandmitglieder. Das Leben, das ergründet wird, ist hier die Musik, die gemeinsam erschaffene Kunst, seit über vierzig Jahren, über alle Streitigkeiten und Zerwürfnisse hinweg.
Charlie Hübner möchte in seinem Film dem Phänomen Element of Crime näherkommen, ohne es aufklären oder zu Ende deuten zu wollen. Das Bild bleibt offen, brüchig: so wie die Band, die alles andere als glatt oder perfektioniert ist.
Selten hält ein Bandporträt auf so respektvolle Weise Abstand, drängt sich nicht auf. Und räumt so allerdings auch mit Klischees auf, wie dem, dass die Element-Songs alle melancholisch seien.
„Für mich ist die Musik nicht traurig. Ich finde, dass die Texte von Sven extrem lustig sind. In Svens Texten hör ich auch Gesellschaft. Wie agiert eine Gesellschaft, wie sind die Leute unterwegs?“ Charly Hübner
Persönliches und unbedingt sehenswertes Porträt
So ist der Film über Element of Crime, in dem man viel über die poetische und politische Bedeutung von Musik erfährt, eine sehr persönliche und unbedingt sehenswerte Liebeserklärung an eine Band, deren Musik oft für ein Leben bleibt.
Charlie Hübners Dokumentarfilm über die Geschichte einer Band, die sich immer wieder neu erfindet, um sich treu zu bleiben. (epd film/ Ulrich Sonnenschein)
»Warte auf mich, draußen ist es zu dunkel für einen allein.« Wie ein Mantra prangt dieses Zitat der Band auf dem dunklen Grund des Vorspanns und bleibt bei aller Klarheit auch ein wenig rätselhaft. Eine enge Verbindung drückt sich hier aus, etwas Liebe vielleicht, doch wer soll hier wen beschützen und warum kann eine Zweisamkeit helfen, die Dunkelheit zu überwinden? Solche Texte sind typisch für Sven Regener, von dem Nora Steiner vom Gesangsduo Steiner & Madlaina erzählt, dass es unmöglich sei, Element of Crime nebenbei zu spielen. Denn als sie bei einer Dinnerparty einmal eine Platte der Band auflegte, hätten alle geschwiegen, um den Texten zuzuhören.
Sven Regener ist der unumstrittene Kopf der Band, die sich nach einem Film von Lars von Trier benannte, doch auch Gitarrist Jakob Ilja und Schlagzeuger Richard Pappik sind lange genug dabei, um als Eckpfeiler des Sounds zu gelten, den die drei sich erarbeitet haben. War es am Anfang noch Regeners Trompete, sein aus dem No-Jazz stammender Anarchismus, der den Hang zur Seemanns-Folklore aufbrach, so wurden es zunehmend rockige Rhythmen und vor allem seit 1991 mit dem Album »Damals hinterm Mond« deutsche Texte. Als sie 1986 anfingen, war die Neue Deutsche Welle so gut wie vorbei. Keiner wollte mehr deutsche Texte und keiner wollte noch eine weitere Band aus Berlin. Also propagierte Regener seine Bremer Herkunft und sang Englisch. Doch wirklich grandios wurde sein Gesang erst, als er den norddeutschen Einschlag auf Deutsch hörbar machen konnte.
Charlie Hübner hat einen ganz besonderen Draht zu der Band. Er spielte den besten Freund Karl in den »Herr Lehmann«-Verfilmungen und brachte diese Figur in »Magical Mystery« zu wahrer irrsinniger Perfektion. Außerdem hat er mit »Wildes Herz«, der Dokumentation über die Ost-Punkband Feine Sahne Fischfilet sein Faible für Musikdokumentationen gezeigt. Und letztlich, das offenbart er ganz freimütig im Film, war es die Idee der Band, dass er eine Woche lang mit der Kamera dabei ist. Das erklärt auch die Freimütigkeit, mit der alle drei über ihre Geschichte, ihre Erfolge, aber auch ihre Probleme sprechen. Was diesen Film von vielen anderen des Genres unterscheidet, ist die Haltung, mit der Hübner der Band begegnet. Hier wird kein Heldenbild gezeichnet, sondern eine Art Netzwerk offenbart, in dem junge Acts wie Maike Rosa Vogel, die deutsche Joni Mitchell, Florian Horwath, der Urenkel von Ödön von Horváth, oder die Berliner Indiepop-Band Von Wegen Lisbeth auftreten. Im Film erzählen sie, wie sie einmal bei einem Open-Air-Konzert von den Elements getestet wurden. Die drei schauten zu und gingen nach der Hälfte des Konzerts wortlos weg – Sven Regener und Jakob Ilja war völlig klar, dass sie gerade eine ganz besondere Band gesehen hatten. In der Folge spielte Von Wegen Lisbeth im Vorprogramm.
Gewidmet ist der Film David Young, der von 2002 bis zu seinem Tod 2022 Bassist und stilbildende Konstante der Band war. Denn der Bass bestimmt die Geschwindigkeit des Songs. Das wird auch oft übersehen.