EO
P/UK/I 22, R: Jerzy Skolimowski, FSK: k.A., 88 min
Preis der Jury beim Filmfestival in Cannes
Die Welt ist ein geheimnisvoller Ort, wenn man sie mit den Augen eines Tieres betrachtet. EO, ein grauer Esel mit melancholischen Augen, steht im Mittelpunkt von Altmeister Jerzy Skolimowskis neuem Film. Bild- und tongewaltig zeigt der 84-jährige, mehrfach preisgekrönte polnische Regisseur die Welt aus der Perspektive eines grauen Nutztiers und folgt ihm auf seinem Lebens- und Leidensweg durch Europa, vom polnischen Wanderzirkus bis nach Italien. EO trifft gute und schlechte Menschen, erlebt Freude und Schmerz. Er wird verkauft, muss Lasten ziehen oder als Maskottchen eines Fußballvereins dienen. Eo lässt es stoisch über sich ergehen, bis zum bitteren Ende. Doch nicht einmal für einen Moment verliert er seine Unschuld…
Unberechenbar war Skolimowski schon immer, seit seinen Anfängen in den 60er Jahren im sozialistischen Polen mit Filmen wie „Besondere Kennzeichen: Keine“ (1965) und der Liebeskomödie „Der Start“ (1967), für die er den Goldenen Bären in Berlin gewann. Er wechselte Produktionsländer und Genres, dann kehrte er dem Kino lange den Rücken. Sein Alterswerk muss niemandem mehr etwas beweisen, er gibt sich ganz seiner filmischen Idee und seinem Gegenstand hin. Für „EO“, seinen ersten Film nach sieben Jahren, arbeitete er erneut mit seiner Ehefrau Ewa Piaskowska als Co-Autorin und Produzentin zusammen.
Unverkennbar ist „EO“ auch eine Hommage an das filmische Meisterwerk „Zum Beispiel Balthasar“ (1966) des französischen Regisseurs Robert Bresson über den Leidensweg eines Esels. Die Schlussszene, so Skolimowksi, sei das erste und einzige Mal gewesen, dass er im Kino geweint habe. Diese für ihn ungewöhnliche Emotionalität überträgt Skolimowski auf „EO“. Das Ergebnis ist visuell faszinierend und tief empathisch mit dem Tier, ohne kitschig zu werden. Selbst Filmstar Isabelle Huppert gelingt es nicht, dem tierischen Hauptdarsteller die Show zu stehlen.
Unter Verwendung eines Textes von Thomas Abeltshauser/epd film