Heldin
CH/D 25, R: Petra Volpe, FSK: 6, 92 min
Prädikat besonders wertvoll
Kneipe mit kleinem Speisenangebot ab 18 Uhr
Pflegefachkraft Floria arbeitet mit großer Leidenschaft und Professionalität in der Chirurgie eines Schweizer Krankenhauses. Bei ihr sitzt jeder Handgriff, sie hat selbst in Stresssituationen immer ein offenes Ohr für ihre Patient:innen und ist im Notfall sofort zur Stelle – idealerweise. Doch in der harten Realität ihres oft schwer kalkulierbaren Alltags sieht das meist anders aus. Als Floria an diesem Tag ihre Spätschicht antritt, fällt auf der voll belegten, unterbesetzten Station eine Kollegin aus. Trotz aller Hektik umsorgt Floria eine schwerkranke Mutter und einen alten Mann, der dringend auf seine Diagnose wartet, ebenso fürsorglich und routiniert wie den Privatpatienten mit all seinen Extrawünschen. Aber dann passiert ihr ein verhängnisvoller Fehler und die Schicht droht, völlig aus dem Ruder zu laufen. Ein nervenzerrender Wettlauf gegen die Zeit beginnt …
Regisseurin Petra Volpe (DIE GÖTTLICHE ORDNUNG) greift mit HELDIN ein brandaktuelles Thema auf. Laut WHO ist der weltweite Mangel an Pflegekräften ein globales Gesundheitsrisiko. In Deutschland könnten nach Angaben des Statistischen Bundesamts bis 2029 rund 260.000 Pflegende fehlen. Der Film ist zugleich eine respektvolle Hommage auf alle Pflegekräfte sowie ein packendes Plädoyer für mehr Menschlichkeit und soziales Engagement. Er zeigt nicht zuletzt, wie essenziell eine gute Betreuung im Krankheitsfall für uns alle ist. Hauptdarstellerin Leonie Benesch (DAS LEHRERZIMMER, SEPTEMBER 5) beeindruckt mit ihrer kraftvollen und fesselnden Darstellung, die das Kinopublikum atemlos lässt und uns noch lange nach Filmende begleitet.
Der Film läuft auch am Mi 24.09.2025 im Kronenkino Zittau.
Pressestimmen zum Film
„Heldin“: Alltag einer Krankenschwester im Pflegenotstand
Ein wuchtiger Film über den Pflegenotstand und ein Denkmal an diesen Beruf
von Anna Wollner / www.ndr.de
Es ist der ganz normale Alltag, der ganz normale Wahnsinn einer ganz normalen Schicht in einem ganz normalen Krankenhaus in der Schweiz: Viele Patienten, die versorgt werden müssen, und nur zwei Pflegekräfte, die sich die Station untereinander aufgeteilt haben. Voll belegt und unterbesetzt. Leonie Benesch spielt eine der beiden Pflegekräfte, Floria.
Beneschs intensive Vorbereitung zahlt sich aus
Leonie Benesch spielt Krankenschwester Floria, die ihren Job liebt – trotz des Stresses. Die Kamera folgt Benesch auf Schritt und Tritt, routiniert spult sie ihr Programm ab, richtet Medikamente an, kümmert sich um die Patienten, spricht mit Angehörigen, versucht Ärzte zu kontaktieren. Mit einer stoischen Gelassenheit und Ruhe – und einer immensen Anspannung, immer im Bewusstsein, dass ein falscher Handgriff fatale Folgen haben kann.
Leonie Benesch ist als Floria eine Wucht. Ihr Spiel wirkt, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht. Zur Vorbereitung hat sie ein Praktikum in einem Kantonskrankenhaus in der Schweiz gemacht, ist eine Woche lang mitgelaufen und hat Erfahrungen gesammelt. „Die Schichten waren sehr unterschiedlich“, erzählt Benesch. „Ich habe auch eine erlebt, die relativ entspannt war, und man hat sich überschlagen, die ganze Schicht lang mir zu erklären, dass es nie so ist. Aber gerade der erste Tag, an dem ich da war, war schon sehr ähnlich zu dem, was Floria erlebt. Ich glaube, dass das der Normalzustand ist.“
Der Normalzustand im Film ist eigentlich ein Ausnahmezustand. Floria ist nie länger als ein paar Minuten in den Zimmern der Patienten. Jede und jeder hat Bedürfnisse, der unvermeidliche Fehler wird zu einer Randnotiz in der Akte.
Ich hab die Schmerzmittel der beiden verwechselt.“
„Mach dich nicht fertig deswegen, wir machen alle Fehler. Ich mach noch schnell eine Notiz in die Kurve.
Regisseurin Volpe setzt Pflegekräften ein filmisches Denkmal
Der Stress, die Anspannung stehen Benesch in jeder Minute ins Gesicht geschrieben. Trotzdem schafft sie es, Floria menschlich erscheinen zu lassen – eben eine Heldin. „Sie hat etwas Unerschütterliches“, findet Benesch. „Ich glaube, viele Menschen, die diesen Beruf ergreifen, sind wie Floria und lieben ihre Arbeit tatsächlich. Es gibt ihnen total viel, sich um andere Menschen kümmern zu können. Und selbst wenn es so läuft, wie es läuft, gehen die Menschen am nächsten Tag trotzdem zur Arbeit – und das empfinde ich als heldenhaft unter diesen Umständen.“
Ein wuchtiger, intensiver, wichtiger Film der Schweizer Regisseurin Petra Volpe, der dem Berufsstand ein filmisches Denkmal setzt und den Finger in eine Wunde legt, über die viel zu wenig gesprochen wird: den Pflegenotstand.
Die Künstlerin Judith Kaufmann ist zudem am 13. Juni in Köln mit dem Deutschen Kamerapreis 2025 in der Kategorie Fiktion ausgezeichnet worden. Außerdem schickte Schweiz den Film ins Rennen für die Shortlist in der Kategorie „Bester Internationaler Film“.
Deutsche Film- und Medienbewertung & Jurybegründung „besonders wertvoll“
In ihrem neuen Film schildert die Schweizer Filmemacherin Petra Biondina Volpe den Alltag einer Pflegefachkraft in einem Krankenhaus. Ein grandioser Film, getragen von einer unglaublichen Leonie Benesch. Und dazu eine Verbeugung vor den Heldinnen und Helden, für die dieser Film der Alltag ist.
Es ist ein ganz normaler Morgen. Floria steigt aus dem Bus und betritt das Krankenhaus, in dem sie als Pflegefachkraft arbeitet. Floria liebt ihren Beruf. Und sie liebt Menschen. Doch die hohe Arbeitsbelastung, ausgelöst durch eine chronische Unterbesetzung der Station, ermöglicht es Floria nicht, für jeden ihrer Patienten die gewünschte Zeit aufzubringen. Aber Floria versucht es dennoch. Mit netten Worten, mit Zuhören, mit Aufmerksamkeit. Dabei geht die junge Frau permanent an ihre Grenzen – und darüber hinaus. Was nicht nur für Floria persönlich Konsequenzen mit sich bringt.
Auch wenn HELDIN ein Spielfilm ist, so erzählt der neue Film von Petra Biondina Volpe fast dokumentarisch authentisch von dem Alltag einer ganz ‚normalen‘ Pflegefachkraft in einem ganz ‚normalen‘ Krankenhaus. Die hervorragende Kamera von Judith Kaufmann lässt Floria nicht eine Minute aus dem Fokus und begleitet sie auf Schritt und Tritt bei ihrer Schicht. Die hohe Taktzahl der Aufgaben entwickelt einen atemlosen Rhythmus, unterstützt von einem treibenden, aber nie dominant im Vordergrund stehenden Score. So entsteht eine permanent unterschwellig bedrohliche Atmosphäre, die eine sich ankündigende Katastrophe wie ein Damoklesschwert über sich trägt und spannend wie ein Thriller ist. Doch der Film lässt für das Publikum – und für Floria – kleine Inseln der Ruhe, die, weil sie eben so selten sind, umso intensiver wirken. Wenn Floria eine gerade verstorbene Frau für die Angehörigen aufbettet und sich mit liebevoller Aufmerksamkeit um jedes Detail kümmert, dann findet der Filme in seinen Bildern eine rührende und aufrichtige Definition für etwas, was unter den Umständen fast unmöglich scheint: Würde und Respekt vor dem Menschen. Auch nach dem Tod. Dass der Film neben seinem kongenialen Zusammenspiel aus Kamera, Montage, Musik, Licht und Ausstattung so funktioniert, liegt auch an der Darstellung der Floria durch Leonie Benesch. Nicht eine Sekunde zweifelt man daran, dass diese Figur aus voller Seele heraus eine Krankenschwester ist. Benesch spielt Floria nicht, sie lebt diese Rolle – und lässt in jeder Geste, jedem Gesichtsausdruck das erkennen, was der Film erzählen will: Die bis zur Grenze des körperlich und seelisch machbaren gehende Aufopferung für einen Beruf, der von der Gesellschaft zu gering geschätzt und zu gering entlohnt wird. HELDIN ist ein Film, der den Missstand der aktuellen Pflegesituation im deutschsprachigen Raum anprangert. Und der in knapp 92 Minuten deutlich macht, warum sich daran etwas ändern muss.
Jury-Begründung – Prädikat „besonders wertvoll“
Petra Bionina Volpe gelingt mit HELDIN etwas sehr Ungewöhnliches: Sie malt ein beeindruckend realistisches Porträt des Alltags einer Krankenschwester und macht gleichzeitig sichtbar, dass die „Heldin“ im Zentrum ihren Beruf liebt. Sie zeigt auch, warum sie das tut, und erzeugt darüber hinaus eine thrillerhafte Spannung, die das Kinopublikum nicht nur bei der Stange hält, sondern durch einen Parcours verschiedenster Emotionen führt.
Viel hängt dabei an der Hauptdarstellerin Leonie Benesch, die hier nach DAS LEHRERZIMMER einmal mehr beweisen darf, wie großartig sie in der Darstellung von Konzentration und Kompetenz und Isoliert-darin-sein ist. Ein wirklich gut geschriebenes Drehbuch hilft ihr dabei, die Handlung, die ohne echte Bösewichte oder dergleichen auskommt, trotzdem mit großem Tempo durchzuziehen. Die kleinsten Alltagsgesten, beiläufig gespielt, werden so zu wahren ‚MacGuffins‘, die Hochspannung erzeugen.
Die Patientenfiguren, die durch den Arbeitsablauf der „Heldin“ gewissermaßen vorgestellt werden und mit ihren Problemen den Stoff für Sub-Plots geben, sind alle gut und ohne Klischeesetzung entwickelt. Ihre einzelnen Geschichten und Reaktionen erscheinen authentisch und nachvollziehbar. Als Zuschauer wird man quasi durch die Perspektive der Hauptfigur zur Empathie angehalten.
Thriller-Elemente greift auch die Kameraführung auf, die nah an der „Heldin“ bleibt, ohne dabei den Gestus des Dokumentarischen anzunehmen; der subtile Score treibt das Tempo an, ohne zu viel an Emotion vorzugeben. Selbst die Pausen, die es in der Handlung gibt, sind mit Feingefühl getaktet und erscheinen auf den Punkt präzise und notwendig.
Es ist selten und erscheint umso herausragender, dass ein so wichtiges, aktuelles und dabei auch belastetes Thema wie die Pflege in so effektiver, überzeugender, mitreißender Form verhandelt wird, wie es Petra Biondina Volpe hier gelingt.
Die Jury vergibt einstimmig das höchste Prädikat ‚besonders wertvoll‘.