Kino / Nachlese

Liebesbriefe aus Nizza

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F 24, R: Ivan Calberác, FSK: 6, 95 min

Nach 50 Jahren Ehe ist der pensionierte General François Marsault (André Dussollier) immer noch unsterblich in seine Frau Annie (Sabine Azéma) verliebt.  Als er jedoch auf dem Dachboden seines Hauses ein paar alte Liebesbriefe findet, fällt er aus allen Wolken. Denn die wortreichen Ergüsse über den „vibrierenden Venushügel“ seiner Frau Annie stammen definitiv nicht von ihm. Dass die Briefe 40 Jahre alt sind und höchstens noch musealen Wert haben, ist ihm völlig egal. Polyamorie in seinem Haus? Undenkbar!

Um seine Ehre reinzuwaschen, gibt es nur eine Lösung: Er muss seine Annie verlassen und sich auf den Weg zu Boris (Thierry Lhermitte), ihrem ehemaligen Liebhaber, machen, um Revanche zu fordern. François mobilisiert seine Beziehungen zum Geheimdienst und spürt den Casanova von einst an der Riviera auf. Siegessicher reist er zusammen mit Annie ins sonnige Nizza.

Doch sein attraktiver (und sehr athletischer) Rivale ist keineswegs unbewaffnet: Als Bonvivant und musikalischer Freigeist weiß sich Boris lässig zu verteidigen. Während Annie den Ausflug in die Vergangenheit und das nächtliche Nacktbaden mit ihrem neuen alten Kavalier immer mehr genießt, verrennt sich François in seine Rachepläne. Doch vielleicht geht es um mehr als nur verletzte Männerehre?

„Älter werden ist nichts für Schwächlinge. Doch Zeit zum Lachen über sich selbst bleibt immer genug.“ (Alexandra Wach, Filmdienst)

LIEBESBRIEFE AUS NIZZA ist eine umwerfende Sommerkomödie über eine so wilde wie wahnwitzige Vendetta an der Côte d’Azur. Mit herrlichen Pointen entfaltet Regisseur Ivan Calbérac („Frühstück bei Monsieur Henri“) eine grandiose und sehr romantische Screwball-Komödie über den dritten und den vierten Frühling im Leben. Eine Revanche à trois voller Situationskomik, die mit viel Humor zeigt, dass kein Alter vor frischer Verliebtheit und später Rache schützt.

Der Film läuft auch am Mi 23.10. | 19:30 Uhr im Kronenkino Zittau.

Stimmen zum Film:

Liebesbriefe aus Nizza

Alexandra Wach, Filmdienst

Beschwingte Komödie um einen französischen Ex-General, der über alte Liebesbriefe seiner Ehefrau stolpert und gegen einen früheren Nebenbuhler einen rachsüchtigen Privatfeldzug startet.

Eine Familie feiert den Geburtstag der Mutter in kleiner Runde im Garten. Aber statt für Annie (Sabine Azéma) ein Glückwunschlied zu singen, stimmt man die Marseillaise mit verändertem Text an. So wünscht es sich der prinzipientreue Gatte François (André Dussollier), ein ehemaliger Marineoffizier, der sein Traditionsbewusstsein zur Schau stellt, wo er nur kann. Etwa in der Einrichtung ihres Hauses, in dem es von Napoleon-Büsten, Militäruniformen und Handgranaten nur so wimmelt.

Ein Nebenbuhler von früher
Doch als François auf dem Dachboden über alte Liebesbriefe seiner Frau stolpert, aus denen hervorgeht, dass sie ihn vor 40 Jahren mit einem Hippie namens Boris (Thierry Lhermitte) am Strand von Nizza betrogen hat, will er sich scheiden lassen und den einstigen Nebenbuhler verprügeln, um seine Ehre wiederherzustellen. Nach fünf Ehejahrzehnten und im Alter von 73 Jahren erweisen sich seine Rachepläne aber voller Fallstricke und als der Anfang einer Initiationsreise zu einem anderen Selbst.

François nutzt zunächst seine Geheimdienstkontakte, um Boris in Nizza ausfindig zu machen, der in der Gegenwart Kampfsport unterrichtet und keineswegs wie ein klappriger Rentner wirkt. Vorsorglich fängt er selbst an, Sport zu treiben, und steigert sich in einen absurden Feldzug hinein, an dem die erst amüsierte, später entsetzte Annie teilnimmt, um das Schlimmste zu verhindern. Sie ist der Meinung, dass ihr Ehebruch längst verjährt ist, und auch Boris zeigt keinerlei Schuldgefühle. Stattdessen umwirbt er neuerlich die einstige Geliebte, der er als überzeugter Single gesteht, dass er sich ohnehin nie hätte binden können.

Währenddessen wundern sich die erwachsenen Kinder des Paars über das sonderbar eifersüchtige Benehmen ihres Vaters. Sie deuten es als Ehekrise und wittern die Gelegenheit, manch unverarbeiteten Konflikt zur Sprache zu bringen, etwa dass die heimlich lesbische Tochter seit Jahren mit einer Frau zusammenlebt.

Starre Werte relativieren
Statt die Kinder nach den unerwarteten Geständnissen zurechtzuweisen, macht François eine Metamorphose durch, zumal er in der Konfrontation mit dem libertären Ex-Konkurrenten feststellen muss, dass er einige seiner starren Werte relativieren muss, wenn er die Ehe mit Annie fortsetzen möchte.

Vor der Kulisse Südfrankreichs zelebriert Regisseur und Drehbuchschreiber Ivan Calbérac eine beschwingte Screwball-Comedy unter Senioren, die André Dussollier, Sabine Azéma und Thierry Lhermitte die Gelegenheit bietet, ihr komödiantisches Können einmal mehr unter Beweis zu stellen. Die simple Geschichte lebt vom Tempo, idyllischen Landschaften und den gegensätzlichen Charakteren. Die gleichen zwar über weite Strecken Karikaturen aus dem Molière-Baukasten, und die Witze kommen mitunter nicht über das Niveau eines Boulevardstücks hinaus, aber das Schauspieler-Trio kennt sich aus anderen Produktionen so gut, dass man ihm die Spielfreude keinen Moment verübeln möchte. Vor allem Dussollier und Azéma, ein legendäres Paar des französischen Kinos, stehen hier bereits zum zwölften Mal zusammen vor der Kamera.

Nichts für Schwächlinge
Während sich der reaktionär-unzeitgemäße François zum toleranten Vater und mitfühlendem Gatten wandelt, bleibt Annie zur Abwechslung stur im Modus eines weiblichen Don Juans, der auf dem Dachboden noch manch anderes erotische Geheimnis verwahrt. So viel Verkehrung der Geschlechterrollen muss in einer sehr französischen Sommerkomödie schon sein, die unter der Genreoberfläche leise und federleicht auch versäumte Gelegenheiten eines erfüllteren Lebens thematisiert, durch die Heirat vernachlässigte Talente oder kindliche Traumata, die aus einer überstrengen Erziehung resultieren und an die Nachkommen weitergegeben werden.

Älter werden ist nichts für Schwächlinge. Doch Zeit zum Lachen über sich selbst bleibt immer genug. Das ist das Motto dieser entwaffnenden Auseinandersetzung mit der letzten Lebensphase, die heute, zumindest im globalen Norden, so viele Menschen betrifft wie noch nie.


Liebesbriefe aus Nizza

Gaby Sikorski, Programmkino.de

Für das Ehepaar Annie und François wächst sich eine Affäre, die Annie vor 40 Jahren hatte, zu einer späten und vor allem unerwarteten Ehekrise aus. Vor der Kulisse der traumhaft schönen französischen Mittelmeerküste spielen unter der Regie von Ivan Calbérac („Frühstück bei Monsieur Henri“) drei ganz große Stars des französischen Kinos – André Dussolier, Sabine Azéma und Thierry Lhermitte – die Hauptrollen in einer entzückenden Screwball-Comedy, die vom turbulenten Beginn bis zum romantischen Finale immer mehr eigenen Charme entwickelt. Eine Sommerkomödie mit Witz, Herz und Verstand!

Sogar nach 50 Jahren sind Annie und François noch ein glückliches Ehepaar. Das ändert sich schlagartig, als François (André Dussollier) zufällig entdeckt, dass ihn Annie (Sabine Azéma) offenbar vor 40 Jahren betrogen hat – mit Boris, einem dieser Hippies, die damals am Strand von Nizza Gitarre gespielt haben. Alter schützt vor Liebe nicht, aber auch nicht vor Eifersucht, und so fasst der pensionierte General François angesichts der leidenschaftlichen Zeilen des Nebenbuhlers, in denen es unter anderem um Annies „explodierendes Venus-Dreieck“ geht, den Entschluss, einen persönlichen Feldzug gegen den Nebenbuhler zu starten, wobei ihm seine Geheimdienstkontakte sehr behilflich sind. Annie kann das Verhalten ihres Mannes zunächst gar nicht ernstnehmen. Ziemlich amüsiert verfolgt sie sein merkwürdiges Benehmen, das sogar darin gipfelt, dass er das nunmehr in seinen Augen „besudelte Ehebett“ verlässt. Dass er extrem konservativ ist, wusste sie ja, aber dass es für ihn auch nach 40 Jahren keine Verjährung für Ehebruch gibt, erschüttert sie nun doch. Immerhin begleitet sie ihren rach- und eifersüchtigen Ehemann nach Nizza, wo Boris noch immer lebt und wo auch die Liebe zwischen Annie und François einst begann.

Doch wider Erwarten stellt sich in Nizza heraus, dass Boris keineswegs der klapprige Opa geworden ist, den er erwartet hat, sondern im Gegenteil ein sehr attraktiver, älterer Herr mit beträchtlichem Charme. Und zusätzlich ist er sich keiner Schuld bewusst – er freut sich sogar, Annie und François endlich wiederzusehen. Doch all das hält François nicht davon ab, Boris den Krieg zu erklären, auch wenn er sich nun zunächst mal etwas fit machen muss, um gegen den flotten Konkurrenten besser auszusehen.

Mit bestechender Eleganz und viel französischem Esprit erzählt Ivan Calbérac eine fein ausgedachte Geschichte, die in ihrer Konstruktion zu Beginn gelegentlich an andere französische Ehe- und Familienkomödien erinnert – auch ein gewisser Monsieur Claude lässt grüßen! Doch dank seines einfallsreichen Drehbuchs mit vielen Verwicklungen und Verästelungen entwickelt sich die temporeiche Komödie immer mehr zu einer Geschichte, die manchmal beinahe poetisch und mit erfrischend beiläufigem Tiefgang, aber immer mit augenzwinkernder Komik vom Älterwerden und von der Liebe erzählt.

Dazu gibt es schöne Bilder von der Côte d’Azur und wunderbar gezeichnete Charaktere: André Dussollier als erzkonservativer Patriarch mit scheinbar unumstößlichen Ansichten und einer großen Neigung zum Sprücheklopfen, Sabine Azéma als selbstbewusste, lebhafte Ehefrau mit vielen kleinen Geheimnissen sowie Thierry Lhermitte als gut erhaltener Casanova bilden zusammen ein wunderbares Trio mit Dialogen, so spritzig wie guter Champagner. Unter dem azurblauen Himmel der französischen Riviera spielen sich die Drei in dieser liebens- und sehenswerten Komödie geradewegs in die Herzen des Publikums.