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The Change

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USA 25, R: Jan Komasa, FSK: 16, 112 min

Kneipe mit kleinem Speisenangebot ab 18 Uhr

Familie Taylor, angeführt von Professorin Ellen (Diane Lane) und ihrem Mann, dem Sternekoch Paul (Kyle Chandler), feiert ihren 25. Hochzeitstag. Die Feierlichkeiten geraten ins Wanken, als ihr Sohn Josh (Dylan O’Brien) seine neue Freundin Liz (Phoebe Dynevor) vorstellt. Ellen erkennt in Liz sofort eine ehemalige Studentin wieder, die sie einst wegen ihrer kontroversen Ansichten von der Universität verwies. Und mittlerweile ist Liz eine der treibenden Kräfte hinter einer landesweiten, radikalen Bewegung namens „The Change“. Sie ist fest entschlossen, das politische System Amerikas zu reformieren und schreckt dabei vor nichts zurück. Ellens Familie wird in einen Strudel aus Loyalitätskonflikten und Ideologiekämpfen gezogen. Bald muss sich die Mutter nicht nur um den Zusammenhalt ihrer eigenen Familie sorgen, sondern auch um die grundlegenden Werte ihres Landes.

„The Change“ ist mehr als ein Thriller: Es ist ein düsteres, höchst emotionales Stück Zeitbild, ein schmerzlich schöner Film, der noch lange nachhallt. Komasa findet die Tiefe im Alltäglichen, macht die Bedrohung sichtbar und stellt den Menschen ins Zentrum. Ein Werk für alle, die Kino als emotionale Zumutung begreifen – als Warnung, als Plädoyer für den Mut, sich nicht unterkriegen zu lassen.“ (redaktion 42)

Messerscharf seziert Regisseur Jan Komasa in seinem englischsprachigen Debüt die Ausbreitung einer faschistoiden Ideologie in scheinbar gefestigten Kreisen. Was passiert, wenn Politik eine ganze Familie spaltet? Wie standhaft ist die Demokratie? Im Zentrum dieses Geniestreichs steht ein aufregendes, junges Ensemble rund um Diane Lane und Kyle Chandler. Ein ebenso düsterer wie erhellender Blick in die nahe Zukunft.

Der Film läuft auch am Mi 19.11. | 19:30 Uhr im Kronenkino in Zittau.

Pressestimmen zum Film

Bianka Piringer / filmrezensionen.de

Die Washingtoner Universitätsprofessorin Ellen (Diane Lane) und ihr Mann Paul (Kyle Chandler) feiern ihren 25. Hochzeitstag. In ihrem Garten versammeln sich die vier Kinder Anna (Madeline Brewer), Cynthia (Zoey Deutch), Josh (Dylan O’Brien) und die noch zu Hause wohnende Birdie (Mckenna Grace) neben vielen Gästen. Josh, der sich erfolglos als Schriftsteller versucht hat, stellt seine Freundin Liz (Phoebe Dynevor) vor. Ellen ist entsetzt: Es handelt sich um ihre ehemalige Studentin, deren Abschlussarbeit sie wegen antidemokratischer Tendenzen beanstandet hatte. Liz verließ die Uni, bringt nun aber als Geschenk ihr Buch „The Change“ mit, das eine neue Gesellschaft mit Einparteiensystem propagiert. Liz und Josh gehören der politisch bald sehr erfolgreichen Cumberland Company an. Bis zum 30. Hochzeitstag von Ellen und Paul wird sich unter ihrem Einfluss das Leben der Familie drastisch verändern.

Eine Familie in bedrohlicher Zeit
Die politischen Veränderungen in den USA werden allmählich auch in Spielfilmen thematisiert. Zumindest indirekt, über den Umweg dystopischer Zukunftsvisionen, lassen sich Werke wie One Battle After Another von Paul Thomas Anderson oder Civil War von Alex Garland als Warnungen verstehen. Die gesellschaftliche Spaltung in liberale und rechtspopulistische Lager, die Versuche der Trump-Regierung, die Freiheit beispielsweise von Lehre und Forschung oder der Medien einzuschränken, schüren Konflikte und erzeugen ein Klima der Angst. Der gesellschaftliche Frieden und die demokratischen Werte sind, wie besagte Filme drastisch ausmalen, keine sichere Bank und ihr Verlust wäre schrecklich. Auch der polnischstämmige Regisseur Jan Komasa (Corpus Christi) spinnt in seinem englischsprachigen Debütfilm eine düstere Zukunftsvision, in der eine populistische Bewegung in naher Zukunft die Macht ergreift und die Demokratie Schritt für Schritt aushöhlt.

Komasa und die Drehbuchautorin Lori Rosene-Gambino erzählen diesen Thriller aus der Perspektive einer amerikanischen Familie. Am Anfang, auf der Silbernen Hochzeit von Ellen und Paul, scheinen die Dinge noch weitgehend in Ordnung. Paul führt sein eigenes Restaurant, Ellen verteidigt die freiheitlichen Werte an der Universität gegen Kritiker. Sobald aber die redegewandte, höflich und doch eiskalt wirkende Liz auf den Plan tritt, ist es um Ellens Seelenruhe geschehen. Sie argwöhnt, dass sich ihre ehemalige Studentin an ihr rächen will, weil sie ihre Abschlussarbeit ablehnte. Sie empfindet Liz’ Buch The Change als Schlag ins Gesicht, handelt es sich doch um die Thesen von damals: Eine neue Nation soll entstehen, mit nur einer Partei und strikten Werten. Paul und die Kinder finden Joshs Freundin nicht so besorgniserregend. Als die Familie zwei Jahre später zusammen Thanksgiving feiert, ist die Stimmung am Esstisch schon äußerst gereizt. Liz verkündet, dass sie Gastdozentin an Ellens Uni wird. Sie bittet die Professorin, die Einführungsrede zu halten, was diese für einen schlechten Scherz hält.

Hervorragend gespieltes Ehepaar
Diane Lane spielt Ellen als selbstbewusste Frau, die aber sehr nervös registriert, wie Liz erst ihren Sohn angelt, dann mit ihm zusammen die anderen Kinder für die „Company“ anzuwerben versucht. Sie empört sich, sie kämpft, verliert die Fassung. Kyle Chandler spielt Paul als den ruhigen Gegenpol, der immer wieder beschwichtigt und alle Familienmitglieder beschwört, friedlich das Zusammensein zu genießen. Auf familiärer Ebene kann alles zunächst auch als scheinbar normaler Generationenwechsel interpretiert werden. Paul redet Ellen gut zu, dass sie Joshs neues Leben und Liz als seine Frau akzeptieren, also elterliche Kontrolle abgeben und auf Einfluss verzichten muss. Es schafft Suspense, wie Ellen wittert, dass das junge Paar das Elternhaus selbst mit seinem geistigen, liberalen Fundament zerstören will. Das hervorragend dargestellte elterliche Ehepaar bildet das dramatische und emotionale Zentrum des Films: An den Gesichtern von Ellen und Paul lässt sich im Laufe der Jahre am besten beobachten, wie gewaltig die Veränderungen sind, die das Land erfassen.

Im ersten Teil wirkt der Spielfilm fast spannender, weil er da noch realitäts- und gegenwartsnah anmutet. In The Change lassen sich rechtspopulistische Auffassungen von Teilen der Maga-Bewegung („Make America Great Again“) wiedererkennen. Im späteren Verlauf regiert die „Company“, das Internet wird kontrolliert, Ausgangssperren folgen. Das Familiengefüge bricht auseinander: Josh und Liz spielen ihre Macht offen aus, Tochter Anna flieht in den Untergrund. Die Stimmung wird sehr düster, die beklemmende Atmosphäre rutscht in ein Gefühl der Aussichtslosigkeit ab, wie es in einem totalitären Regime herrscht. Glücklicherweise aber gibt es außerhalb des Kinosaals noch „The Land of the Free“, in dem solche Filme produziert und nicht verboten werden.

Fazit
In diesem beklemmenden Thriller erlebt eine amerikanische Familie den radikalen Verlust freiheitlicher Werte in der Gesellschaft. In naher Zukunft kommt eine populistische Bewegung, der auch der eigene Sohn angehört, an die Macht, überwacht alle und verfolgt Andersdenkende. Diane Lane und Kyle Chandler glänzen als Ehepaar mit liberalen Werten, das den Niedergang der eigenen Familie aufzuhalten versucht. Mit anfänglich starkem Realitätsbezug führt der Film eindringlich vor Augen, wohin autoritäre politische Tendenzen letztlich führen können.


The Change – ein Kammerspiel der Gefühle

Matthias J. Lange / Redaktion 42’s Weblog

Selten fühlt sich Kino der letzten Jahre so nah, so bedrohlich, so kraftvoll an wie in Jan Komasas „The Change“. Von den ersten Momenten an spinnt der Regisseur ein Netz aus familiärer Nähe und schleichender Angst, das den Zuschauer förmlich einschnürt. Das Haus der liberalen, linken Familie Taylors, erfüllt vom Glanz einer alten, gewachsenen Liebe, wird zum Mikrokosmos des politischen Umbruchs: Ausgerechnet beim Fest zum 25. Hochzeitstag nimmt die Katastrophe Gestalt an. Mit der Ankunft von Liz, einer ehemaligen Studentin mit radikalen Visionen, verändert sich die Dynamik zwischen Eltern und Kindern, zwischen Vertrauen und Zweifel, zwischen Sicherheit und drohendem Abgrund. Die Zeiten ändern sich. Der Film ist ein Versuch eines Spiegelbildes des Wandels in den USA. Der Versuch eine konservative Revolution aufzuhalten und an diesem Wandel zugrunde zu gehen.

Komasas Handschrift ist spürbar. Wie schon in „Corpus Christi“ schaut er hinter Fassaden, tastet nach den Rissen in einer scheinbar heilen Welt. Der Film ist ein Dystopie-Drama, aber sein Schrecken entsteht nicht aus Fantasie, sondern aus der erschütternden Realität einer Gesellschaft, deren Werte ins Wanken geraten. Komasa zeigt: Die Monster sitzen oft nicht unter dem Bett, sondern am Tisch, getarnt als Ideologie – und entfalten ihre zerstörerische Kraft im Vertrauten, im Alltag. Die Kamera bleibt dicht an den Figuren, fängt Blicke, Flüstern und die feinen Verschiebungen im Miteinander ein. Der Ton ist mal nüchtern, mal beängstigend direkt – jede Szene trägt das Versprechen von Eskalation, aber nie lässt Komasa die Figuren zu bloßen Symbolen verkommen.

Die Schauspieler geben alles: Diane Lane als Ellen schwankt zwischen Hoffnung und Abwehr, Kyle Chandler gibt den Zweifler, den Zweikämpfer gegen den eigenen Stillstand. Phoebe Dynevor als Liz ist eine Provokation, wandelnd zwischen Verführung und Bedrohung. Der Zusammenprall der Generationen wird zum Spiegel der politischen Radikalisierung: Die Dialoge tun weh, weil sie so ehrlich, so verzweifelt, so menschlich sind. Thanksgiving, Familientreffen, Geburtstage – jeder Anlass wird zur Prüfstein. Am Ende bleibt die Frage nach Schuld und Versöhnung, nach Verlust und Widerstand. Komasas Film bietet keine einfache Antwort, sondern zwingt zum Mitfühlen, Mitdenken, Mitzittern.

„The Change“ ist mehr als ein Thriller: Es ist ein düsteres, höchst emotionales Stück Zeitbild, ein schmerzlich schöner Film, der noch lange nachhallt. Komasa findet die Tiefe im Alltäglichen, macht die Bedrohung sichtbar und stellt den Menschen ins Zentrum. Ein Werk für alle, die Kino als emotionale Zumutung begreifen – als Warnung, als Plädoyer für den Mut, sich nicht unterkriegen zu lassen.

Jan Komasas „The Change“ ist ein Film, der die politisch-dystopischen Themen in einer beklemmend nahen Gegenwart verankert. Die Geschichte der politisch eher linken Professorenfamilie, die unversehens zur Keimzelle einer revolutionären Bewegung wird, dient als Mikroskop für die Radikalisierung und Spaltung der Gesellschaft: Eine junge Frau – nach ihrer Exmatrikulation wegen antidemokratischer Thesen – entfacht mit der Bewegung „The Change“ einen Paradigmenwechsel, der das gesamte politische System Amerikas erschüttert.

Der Film analysiert die Ausbreitung faschistoider Ideologien nicht irgendwo in den Hinterzimmern der Macht, sondern dort, wo sie den Einzelnen unmittelbar erfassen: im engsten sozialen Gefüge der Familie. Diese Verlagerung ins Private macht die Bedrohung umso spürbarer, weil Komasa die Emotionalität des Alltags mit den Mechanismen totalitärer Umwälzung kontrastiert. Die Demokratie wird nicht an Wahlurnen verhandelt, sondern in den hitzigen und verzweifelten Gesprächen zwischen Eltern, Kindern und Gästen – selbst in der Unmittelbarkeit des familiären Zusammenseins ist sie fragil und gefährdet.

In der dystopischen Vision von „The Change“ verschwimmen die Grenzen zwischen Überzeugung und Manipulation, zwischen Fürsorge und Fanatismus. Die Bewegung fordert radikale gesellschaftliche Umwälzungen, die der Einzelne kaum noch selbst bestimmen kann. Wer nicht mitzieht oder sich widersetzt, wird ausgegrenzt – ein Motiv, das an historische und aktuelle autoritäre Entwicklungen erinnert. Der Film stellt dabei die Frage nach der Standhaftigkeit demokratischer Werte, wenn sie im emotionalen Ausnahmezustand zwischen Nähe und Verrat neu verhandelt werden müssen.

„The Change“ zeigt auf, wie Politik zur persönlichen Katastrophe werden kann, wenn sie den Raum zwischen Menschen erobert und radikale Ideologien selbst Liebes- und Lebensbeziehungen vergiften. Komasa blickt mit analytischer Härte und emotionaler Wucht auf eine Zukunft, die beängstigend real erscheinen kann. Die Dystopie bleibt dabei nicht abstrakt, sondern wird im privaten Mikrokosmos erschreckend konkret und menschlich erfahrbar.

Als ich in der Pressevorführung von The Change saß, fühlte ich mich unweigerlich an Woody Allens Meisterwerk Innenleben erinnert. The Change“ von Jan Komasa und Woody Allens „Innenleben“ (Interiors) verbindet ein feinsinniger Blick auf den Zerfall einer Familie, die im Schutzraum bürgerlicher Behaglichkeit mit existenziellen Erschütterungen und gesellschaftlichen Umbrüchen konfrontiert wird. Beide Filme verlagern große Themen – gesellschaftlichen Wandel, innere Leere, Unsicherheit – in die Intimität der vier Wände und machen die Familie zum Brennglas für Ängste, Ressentiments und Verstrickungen, die weit über das Private hinausweisen.

In „Innenleben“ spiegelt das kühle, stilisierte Interieur den emotionalen Stillstand, die Sprachlosigkeit und Isolation der Figuren. Allens Drama thematisiert den zerfallenden emotionalen Zusammenhalt und die Unfähigkeit, mit Veränderungen umzugehen. In „The Change“ greift Komasa diese Grundmotive auf, doch übersetzt sie ins Politische: Die Familie wird vom Sog einer radikalen Bewegung aus dem Gleichgewicht gebracht – die Zerrissenheit zwischen den Generationen, gegenseitiges Vorwerfen, Rückzug und Entfremdung eskalieren vor dem Hintergrund einer dystopischen Krise. Wie bei Allen sind es oft Blicke, Schweigen und alltägliche Rituale, in denen sich das Drama abspielt; die Macht der Atmosphäre, die beklemmende Präsenz unausgesprochener Konflikte ist beiden Filmen wesentlich.

Beide Werke erzeugen ihre emotionale Wucht durch die Kollision von Innen- und Außenwelt: Der Familienkreis wird zum Spiegel gesellschaftlicher Ängste und der Schwierigkeiten, Halt zu finden in Zeiten des Wandels. Während Allen seinen Figuren vor allem existenzielle Sinnsuche zumutet, setzt Komasa einen realen, politischen Umbruch als Treiber ein – doch in beiden Fällen stehen Entfremdung, Kontrollverlust und der Verlust von Stabilität im Mittelpunkt. Das Ergebnis ist jeweils ein Kammerspiel der Gefühle, dessen Eindringlichkeit weit über das Private hinausweist und zum Nachdenken über die Zerbrechlichkeit menschlicher Beziehungen anregt.