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The Room Next Door

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E 24, R: Pedro Almodóvar, FSK: 16, 110 min
Prädikat besonders wertvoll

Die New Yorker Kriegskorrespondentin Martha (Tilda Swinton) bittet ihre alte Studienfreundin, die Schriftstellerin Ingrid (Julianne Moore), um etwas Außergewöhnliches: Sie leidet an Krebs im Endstadium und möchte selbstbestimmt sterben. Ingrid soll die Freundin in diesen letzten Tagen begleiten – im Raum nebenan –, was diese mit ihrer Angst vor dem Tod konfrontiert. Beide leben und schreiben schließlich inmitten eines Naturschutzgebietes Seite an Seite. Sie erforschen gemeinsam die Grausamkeit des Krieges, im Politischen und im Privaten und widmen sich intensiv Themen wie Reue, Erlösung und Tod.

Goldener Löwe Venedig 2024

Der Film läuft auch am Mi 11.12. | 19:30 Uhr im Kronenkino Zittau.

Pressetext der Deutschen Film- und Medienbewertung

Der neue Film von Pedro Almodóvar ist ein berührend-menschliches Drama, in dem Julianne Moore und Tilda Swinton als zwei Freundinnen brillieren, die nach vielen Jahren wieder zueinander finden.

Es trifft die erfolgreiche Schriftstellerin Ingrid wie ein Schlag, als sie erfährt, dass Martha, eine Freundin aus vergangenen Tagen, an Krebs erkrankt ist. Als Ingrid Martha im Krankenhaus besucht, entsteht zwischen beiden Frauen schnell wieder die alte Vertrautheit. Und doch liegt ein Schatten über dem Wiedersehen. Denn Martha hat beschlossen, die Therapie nicht fortzusetzen. Sie will sich zurückziehen, an einen Ort, an dem sie sich wohlfühlt. Dort will sie sterben. Und sie will, dass Ingrid ihr beisteht.

Mit THE ROOM NEXT DOOR legt der Regisseur Pedro Almodóvar seinen ersten englischsprachigen Kinofilm vor und beweist, dass seine Erzähl- und Inszenierungskunst in jeder Sprache begeistert. Das Publikum wird in Ingrids und Marthas Geschichte hineingezogen wie in einen meditativen Sog. Dabei geht es um nichts weniger als existenzielle Themen wie Liebe, Freundschaft, Tod und Leben, Selbstbestimmung und Mutterschaft.

Wie in seinen anderen Filmen lebt auch THE ROOM NEXT DOOR von der großen Kunst der Darstellenden. Julianne Moore und Tilda Swinton sind die zwei Fixsterne des Films, um die sich nicht nur die Kameras, sondern auch die betont ausgestellten Drehbuchdialoge drehen. Jeder Satz hat eine Bedeutung, jeder Ausdruck ist gewollt und geplant. Das visuelle Äquivalent hierfür ist die klare Farbgestaltung, die jedem Objekt, jedem Raum und jedem Kostüm eine eigene Farbstimmung zugesteht und nicht zufällig ganz klar auf bekannte Motive aus der Malerei verweist.

THE ROOM NEXT DOOR erscheint selbst wie ein Gemälde und ist doch auch ein sinnlich-filmisches Melodram, in dem sich Konflikte nicht durch expressive Handlungen, sondern subtil über die Dialoge vermitteln. Ein kultiviert-kluger Film, der völlig zu Recht mit dem Goldenen Löwen als Bester Film in Venedig ausgezeichnet wurde.


Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Pedro Almodóvars erster englischsprachiger Spielfilm ist eine Meditation über das Leben und das Sterben, Freiheit und Freundschaft, Liebe und Sex. Die Adaption des Romans von Sigrid Nunez besteht zum einem großen Anteil aus den Dialogen der beiden Protagonistinnen Ingrid und Martha, die von Julianne Moore und Tilda Swinton mit einer bewundernswerten Tiefe und Intensität verkörpert werden. THE ROOM NEXT DOOR ist auch ein Plädoyer für die Sterbehilfe. Aber Almodóvar ist ein zu guter Filmemacher, um diese kontrovers diskutierte Thematik zu sehr in den Vordergrund kommen zu lassen.

Stattdessen erzählt er ganz konkret von den beiden Freundinnen, die sich nach vielen Jahren wiedersehen. Martha ist unheilbar an Krebs erkrankt und bevor dadurch ihre Lebensumstände so dezimiert werden, dass von ihrem Leben nichts mehr außer der Krankheit übrig bleibt, will sie selber entscheiden, wann sie sterben wird. Ingrid soll ihr dabei zur Seite stehen, und obwohl diese eine große Angst vor allem hat, das mit dem Sterben zusammenhängt, stimmt sie zu, im „Raum nebenan“ zu sein, wenn ihre Freundin eine Giftpille nimmt. Die beiden ziehen dazu in ein Haus auf dem Land, wo sie gemeinsam philosophieren und sich gegenseitig ihre Lebensgeschichten erzählen.

Martha war Kriegsreporterin (Martha Gellhorn wird hier als Inspiration direkt zitiert), und wenn ihre Erinnerungen in einigen kurzen Rückblenden dramatisiert werden, bieten diese eine geschickt gesetzte Erweiterung des Horizonts, ohne die der Film leicht zu einem klaustrophobischen Kammerspiel hätte werden können. Auch die Sequenzen, in denen Ingrid das Haus verlässt, um sich etwa mit Damian, dem ehemaligen Liebhaber der beiden Frauen, zu treffen (John Turturro spielt ihn als am Niedergang der amerikanischen Politik und Kultur Verzweifelnder), bietet Almodóvar damit eine Öffnung, die die Welthaltigkeit des Films erhöht.

Denn für Almodóvar ist Amerika wie eine neue Spielkiste, aus der er schöpfen kann. Seine beiden Protagonistinnen sind als Schriftstellerin und Journalistin typische Vertreterinnen der amerikanischen Intelligenzia des 20. Jahrhunderts und er zelebriert die amerikanische Literatur (Hemingway und Faulkner), Architektur (das Haus im Stil der klassischen Moderne) und das Kino (Buster Keaton). Außerdem zitiert er meisterlich, wenn er zuerst seine Quellen offenbart, um sich dann bei ihnen zu bedienen.

So zeigt er zuerst das Gemälde von Edward Hopper, das ihn zu seiner Einstellung von der friedlich gestorbenen Martha im sonnenbeschienenen Liegestuhl inspiriert hat. Und wenn sich Ingrid und Martha die Schlusssequenz von THE DEAD von John Huston ansehen, kopiert Almodóvar diese später als die letzte Einstellung seines eigenen Films. Auch diese Verspieltheit macht THE ROOM NEXT DOOR zu einem großartigen Kunstwerk, in dem Almodóvar seine Stärken als einer der großen Stilisten und Erzähler des Kinos wieder voll ausspielen kann.